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Zusammenarbeit

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Im Zusammenhang mit der Regierungsbildung nach den kommenden, so nahe bevorstehenden Wahlen werden legitime Spekulationen und Kombinationen angestellt, wissen die Wähler doch nicht mit Sicherheit, was sie mit ihrer Stimme herbeiführen oder anrichten werden.

Die Parteien behalten sich nämlich die Teilnahme an der Regierung und deren Zusammensetzung je nach dem Wahlausgang und der konkreten innerparteilichen Reaktion auf das Wahlresultat vor und man muß ihnen auch das Recht zugestehen, sich mehrere Möglichkeiten offenzuhalten.

Trotzdem ist diese Ungewißheit für den Wähler alles andere denn erfreulich. Er stellt den Parteien nämlich ungewollt eine Blankovollmacht aus und kann sich gegen einen Mißbrauch seiner Intentionen nachträglich nicht zur Wehr setzen.

Eines freilich sollte allen Beteiligten klar sein und klargestellt werden: daß die Zusammenarbeit der Partei“ en zur Lösung dringender und großer Sachprobleme an keine bestimmte Koalitionsform und auch nicht an eine Koalition als solche gebunden ist, sondern auch in einer Konstellation, die eine große Partei in der Regierung, die andere in der Opposition sieht, möglich ist.

Zusammenarbeit ist also nicht mit Koalition identisch, umgekehrt besteht aber auch kein theoretischer oder praktischer Einwand dagegen, daß diese Zusammenarbeit im Rahmen einer großen Koalition stattfindet.

Man sollte die große Koalition nicht idealisieren und die Schwierigkeiten, mit denen sie zu rechnen hätte, nicht unterschätzen.

Es besteht aber noch weniger Grund, sie vorschnell zu verdammen und als funktionsunfähig hinzustellen, nur deshalb, weil die historische große Koalition in ihrer Spätphase Erstarrungen und Schwerfälligkeiten gezeigt hat, die 1966 auch ihr Schicksal besiegelten.

Im übrigen sollte man daran erinnern, daß der Zwang zur großen Koalition möglicherweise dadurch entstehen könnte, daß das Land andernfalls unregierbar wird oder kurzlebigen Experimenten ausgeliefert bleibt. Die Großparteien hätten es in der Hand gehabt, eine solche Situation gar nicht erst aufkommen zu lassen, wenn sie sich nämlich auf ein mehrheitsförderndes Wahlrecht geeinigt und so sichergestellt hätten, daß die eine Partei in der Regierung, die andere in der Opposition ist.

Wenn man aber trotz der Existenz zweier annähernd gleich starker Parteien am Verhältniswahlrecht festhält und die Begünstigung kleiner Parteien durch die Wahlrechtsreform 1970 gutheißt, darf man sich nicht wundern', wenn man in unliebsame Zwangslagen gerät.

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