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Probleme mit der Superdemokratie

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Ende 1996 wählt Israel wieder: Doch das Wahlklima ist schon eineinhalb Jahre vorher spürbar.

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Ende 1996 wählt Israel wieder: Doch das Wahlklima ist schon eineinhalb Jahre vorher spürbar.

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Verschiedene Entwicklungen haben es mit sich gebracht, daß das Wahlklima mit all seinen Übeln in Israel bereits jetzt spürbar ist. Unter den Gründen dafür sind vor allem die Vorwahlen („Primaries”) zu nennen, die selbstverständlich geraume Zeit vor den eigentlichen Wahlen stattzufinden haben. Diese „Primaries” sind eine in Israel verhältnismäßig neue Erscheinung, erst wenige Jahre alt.

Zunächst wurden sie von allen über den grünen Klee gelobt. Sie wurden als Höhepunkt einer echten Demokratie gefeiert, im Gegensatz zu der jahrzehntelangen Praxis, in der die Kandidaten für die Knesset -und damit eigentlich indirekt für die Regierung - von einem relativ engen Führungsgremium jeder Partei bestimmt wurden. Ein weiterer

Schritt war dann die Annahme eines Gesetzes, das die direkte Wahl des Ministerpräsidenten festlegt. Dieser soll ab 1996 nicht mehr von zufälligen Koalitionsmehrheiten abhängig sein, bei denen oft nur eine oder zwei Stimmen über die Regierungs-zusammensetzung entscheiden. Sowohl die Arbeiterpartei als auch der Likud übernahmen diese „superdemokratische” Lösung.

Auch bei den Kommunalwahlen liefen Vorwahlen an, die den Eindruck erweckten, daß man endlich ein gutes System gefunden hatte. Bis vor kurzem schien es, als ob jedermann mit dieser Lösung zufrieden wäre. Aber im letzten Jahr stellte sich heraus, daß es nun Probleme anderer'Art gab. Wesentliche Elemente der „Primaries” wiesen auf große Nachteile hin und darauf, daß keineswegs klar ist, ob dieses System wirklich so demokratisch ist, wie es seine Anhänger im ersten Siegesrausch verkündeten. Die beiden Hauptgründe für den Katzenjammer: Geld und das Fernsehen.

Es stellte sich heraus, daß die Finanzierung der Kandidaten eine teuere Angelegenheit ist. Da es viele

Kandidaten gibt und der Wettbewerb erbittert und geräuschvoll geführt wird, ist die Finanzierungsfrage entscheidend. Mit anderen Worten: Ein Kandidat hat mehr Chancen, gewählt zu werden, wenn.mehr Geldmittel zu seiner Verfügung stehen. Diese Tatsache brachte es mit sich, daß sich diverse Kandidaten auf beinahe allen Wegen der Geldbeschaffung verschreiben, da die von der Partei dazu bestimmten Fonds ungenügend sind.

Kandidaten, die von Haus aus über Geldmittel verfügen, haben es natürlich leichter. Dies macht die „Primaries” eigentlich undemokratisch. Es wird befürchtet, daß bei den Vorwahlen wirtschaftliche oder soziale Interessengruppen einen oder mehrere Kandidaten finanzieren könnten, was diese dann in der Knesset in eine „dankbare Abhängigkeit” von den Geldgebern bringen könnte.

Der zweite große Nachteil für das Publikum liegt in der Beurteilung seiner Kandidaten nicht nach ihren objektiven Fähigkeiten, sondern nach ihrem Aussehen und Auftreten im Fernsehen. Es liegt auf der Hand,

daß der Fernsehauftritt einen entscheidenden Einfluß auf die persönliche Wahl hat und nicht die objektive Erfahrung oder Bildung. Ein eloquenter Demagoge mit gutem TV-Auftritt kann sich unter Umständen besser „verkaufen” als ein seriöser, gebildeter, erfahrener Politiker. Zwar gab es auch früher unerfreuliche Ansätze in Bichtung einer „Amerikanisierung” des 'Parteile-

bens, heute stellt man jedoch ziemlich einmütig fest, daß diese Art der Vorwahlen nicht besser ist als die frühere, vielleicht sogar schlechter. Vor diesem Hintergrand nehmen die Meinungsumfragen einen beinahe entscheidenden Platz ein. Übrigens: Ministerpräsident Jizchak Ra-bins Friedenskurs hat momentan eine konstante Zustimmung von 50 Prozent, 37 Prozent sind dagegen.

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