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Die Erste Welt spielt nur Krisenfeuerwehr

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Der neue Vorsitzende des Österreichischen Entwicklungsdienstes (ÖED), Hermann Schaller, fordert höhere staatliche Ausgaben für die Entwicklungshilfe:

DIEFURCFTE: Welche Wünsche und Vorstellungen bewegen den neuen Vorsitzenden des OED?

HERMANN SCHALLER: Mir geht es vor allem darum, daß die politische Dimension der Entwicklungszusammenarbeit stärker in den Vordergrund tritt. Die Bundesregierung sollte mit einem eigenen Staatssekretariat, wenn nicht sogar mit einem eigenen Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit ein Signal setzen, daß man dieses Anliegen ernster nimmt als bisher. Ich sehe das Problem der Entwicklungszusammenarbeit vor allem in materieller Hinsicht.

Mit einem Anteil von 0,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt, den Österreich für Entwicklungszusammenarbeit aufwendet, liegen wir im letzten Drittel aller OECD- Staaten. Das muß zumindest auf das durchschnittliche Maß der OECD von 0,7Prozent an- gehoben werden. Wenn man die politische Verantwortung ernst nimmt, muß das auch einen Niederschlag in Regierungsprogramm und Budget finden.

DIEFL’RCHE: Die politische Instabilität und die wirtschaftlichen Probleme nehmen besonders in Afrika zu. Was ist schiefgelaufen ? SCHALLER: Einerseits müssen die- Verhältnisse in diesen Ländern geändert werden, gerechtere Strukturen geschaffen werden. Es geht nicht an, daß sie Rohstofflieferanten für unsere entwickelte Welt sind, zu Bedingungen, die wir diktieren. Dazu müssen Konzepte entwickelt werden, die die Länder in die Lage versetzen, ihre eigene Entwicklung voranzutreiben. Hilfe

feuerwehr gesehen. Erst wenn es eine Hungerkatastrophe gibt, oder ein Flüchtlingsproblem, dann wird geholfen.

DIEFURCHE: Mangelt es nur am guten Willen?

SCHALLER: Die Anstrengungen, die unternommen worden sind, sind sicher zu wenig. Gerade die große Chance, die sich durch die Beendigung des Ost-West-Konfliktes geboten hat, wurde nicht genützt. Man hätte die dadurch frei gewor- denden Mittel, die in die Rüstung gesteckt wurden, als eine Art Friedensdividende verwenden können. Wenn es weiterhin nicht gelingt, eine Wirtschaftsordnung zu schaffen, die auf einer gerechten Basis aufbaut, wird sich die Lage sicher verschlechtern. Was wir als Österreichischer - Entwicklungsdienst beitragen, sind Schwerpunktprogramme, die wir in Afrika, Asien und Lateinamerika mit 120 Mitarbeitern durchführen.

DIEFURCHE: Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Ereignisse der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo? Ist natürliche Geburtenregelung, wie sie der Vitikan verlangt, in der Dritten Welt möglich? SCHALLER: Das sehe ich sehr kritisch. Ich begreife nicht, warum sich die Kircne hier so einseitig festgefahren hat. Es ist doch eine Entscheidung der Ehepartner, ob oder wieviele Kinder sie wollen. Hier engt man Menschen in einer Position ein, die unmittelbar mit dem Christentum nichts mehr zu tun hat. Die Kirche hat im Schlafzimmer keinen Platz. Ich kann mir außerdem schwer vorstellen, daß die Menschen in der Dritten Welt, die mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben, die notwendige Aufmerksamkeit für natürliche Geburtenkontrolle aufbringen.

Das Gespräch

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