Werbung
Werbung
Werbung

Hans Küng, der von Rom gemaßregelte Theologe, setzt sich in seinem jüngsten Buch mit der "Frau im Christentum" auseinander. Im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojekts gingen er und Historikerinnen zu den Quellen zurück.

Jesus - so der grundlegende Be-fund -, war, obzwar selbst unverheiratet, ein Freund der Frauen. Er brach mit der zeitgenössischen jüdischen Tradition, die Frauen als minderwertig einstufte. In den Evangelien tritt Jesus Frauen unbefangen gegenüber, viele werden namentlich genannt. Sie begleiten ihn bis zum Tod, während die zwölf Apostel schon vorher geflohen sind. Die Apostelgeschichte nennt auch Frauen als Prophetinnen.

Das Argument, Jesus habe keine Frauen als "Apostel" ausgewählt, bildet bis heute das Hauptargument, warum Frauen in der katholischen Kirche keine leitenden Funktionen übernehmen, nicht zu Priesterinnen oder Bischöfinnen ordiniert werden können. Aber noch bei Paulus ist im Galaterbrief zu lesen: "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ,einer' in Christus Jesus." Bei der - zugegeben - dürftigen Quellenlage für das Urchristentum geht für Küng doch klar hervor: Frauen waren an der Ausbreitung des Christentums intensiver beteiligt als angenommen.

Was aber hat die Emanzipation der Frau in der frühen Kirche verhindert? Küng nennt drei Gründe: hierarchische Strukturen - Männerherrschaft; Sexualfeindlichkeit - ein allgemeines spätantikes Phänomen; die Abwertung ungebildeter Frauen, die nur als Körper wahrgenommen wurden.

In der Kirche des Mittelalters trennten sich machttragende Männer von den Frauen durch den Zölibat: Die Beschlüsse der Lateransynode 1059, die von Klerikern unbedingten Gehorsam, Ablehnung der Ehe und gemeinsames Leben einforderte, führten in Italien und Deutschland zu Proteststürmen verheirateter Priester. Der große Thomas von Aquin behauptete schließlich, die Frau sei etwas Mangelhaftes und Misslungenes (aliquid deficiens et occasionatum) - ein misslungener Mann. Kein Wunder also, dass die Frau in der Kirche des Mittelalters nichts zu suchen hatte.

Frauen, konnten ins Kloster gehen. Frauen mit großer religiöser Begabung, die Mystikerinnen, sah man von der Amtskirche mit scheelem Blick an. Da es aber auch für Männer in der Kirche nicht ganz ohne etwas Weibliches ging, erlebte Maria, die Mutter Jesu, eine Idealisierung und Überhöhung.

Martin Luther veränderte das Bild der Frau nachhaltig: Er wertete die Ehe auf und die Frau, indem er für Bildung auch der Mädchen eintrat. Doch die Gesellschaftsstruktur blieb auch nach der Reformation patriarchalisch. Und in protestantischen Ländern wütete bis zum 17. Jahrhundert der Hexenwahn noch grausamer als etwa in Italien oder Spanien.

Für Moderne und Gegenwart unterscheidet Küng zwischen Katholiken und Protestanten. "Die emanzipatorisch wegweisenden Ideen aus der bürgerlichen und sozialistischen Frauenbewegung wurden im Katholizismus kaum ernst genommen oder weitgehend abgewehrt." Im Protestantismus gelangen individuelle Emanzipationsprozesse; mittelständische und adelige Protestantinnen engagierten sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Deutsch-Evangelischen Frauenbund, doch breite Kreise evangelischer Christinnen bekamen vom neuen frauenfreundlichen Geist wenig zu spüren.

Und heute? Es gibt die reiche feministische Theologie: Aber hat sie breite Kreise der Frauen erreicht? Nicht aufgeben, lautet die Devise von Hans Küng. Sylvia M. Patsch

Die Frau im Christentum.

Von Hans Küng. Piper Verlag, München 2001. 158 Seiten, kt., öS 123,-/e 8,94

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung