6791331-1970_39_08.jpg
Digital In Arbeit

Karrieristen und Statisten

Werbung
Werbung
Werbung

Im ungarischen diplomatischen Dienst rindet derzeit ein großes und sehr interessantes Revirement statt. Nach nur 20monatigem Dienst wird der Botschafter in Kairo, Käroly Szarka, abgelöst, um die Leitung der ungarischen Delegation in New York bei den Vereinten Nationen zu übernehmen. Sein Vorgänger, Käroly Csatordäi, wurde vor einigen Monaten zurückberufen. Von 1953 bis 1956 diente Szarka in Washington als Gesandter, nachher war er Stellvertretender Außenminister in Budapest. Seine Spezialgebiete sind Lateinamerika und Afrika. Nach Kairo geht ein „Jungstar“ des diplomatischen Dienstes: Jenö Rande, der bei Radio Budapest seine Karriere begann, vorerst als einfacher Ansager und Reporter, dann als geschickter Karrierist als Korrespondent in New York, danach drei Jahre lang in London. Nach der Rückkehr nach Budapest wurde er politischer Chefredakteur des Fernsehens. Gleichzeitig mauserte er sich zum aufgehenden Stern in der Partei. Er hielt Vorträge auf Parteiitagen und ging als Delegierter mit den verschiedensten Parteidelegationen ins Ausland. Dank seiner Parteitreue und guten Beziehungen wurde er mit dem 1. Jänner 1968 als Pressechef in das Außenministerium versetzt. In dieser Eigenschaft nahm er seither an allen wichtigen Verhandlungen teil.

Der neue Pressechef des Außenamtes heißt Rezsö Bänyäsz, der seit November 1968 Stellvertretender Pressechef war. Bänyäsz ist ein Berufsjournalist, der seit 1961 in der Presseabteilung des Zentralkomitees der KP diente. Im Mai 1963 konnte er ins Außenministerium hinüberwechseln. Fünf Jahre lang war er Presseattache in Stockholm. Botschafter Imre Koväcs wurde nach dreieinhalbjähriger Tätigkeit aus Prag zurückberufen. Der frühere Gewerkschaftsfunktionär Jözsef Vincze löst ihn ab, der schon in Paris und Bukarest die ungarische Volksdemokratie als Botschafter vertrat. Heute ist Prag eine der wichtigsten diplomatischen Positionen im Osten.

Läjos Bentekovics geht als Botschafter nach Karthoum/Sudan. Wie großes Interesse Sowjeteuropa an der neuen sudanesischen Regierung hat, wird durch diese Ernennung bewiesen. Bis jetzt hat der Botschafter in Ägypten Ungarn auch im Sudan vertreten. Bemerkenswert: Sudans Ministerpräsident, General Numeiri, machte kürzlich einen ausgedehnten Besuch in Ungarn.

Bald geht ein neuer Botschafter auch nach Belgrad, von wo Botschafter Jözsef Marjai vor edn paar Wochen abberufen wurde. Auch Botschafter Jözsef Szall verläßt in Kürze Rom, wo er Ungarn viele Jahre lang vertrat Die ungarische Regierung hat schon um das Agreement für Dr. Jözsef Benyi in Rom angesucht, der momentan Abteilungschef im Außenministerium ist.

Botschafter Jözsef Haläsz kehrt aus Peking nach Budapest zurück. Er stand seit Oktober 1963 auf dem heiklen Posten. Seine Abberufung ist eine Routineangelegenheit ohne besondere polirische Wichtigkeit. Sieben stürmische Jahre in Peking zehrten an den Nerven des Diplomaten, um so mehr, als er immer wieder die Solidarität mit der Sowjetpolitik demonstrieren mußte. Er mußte hinnehmen, daß der Vertreter der ungarischen Nachrichtenagentur MTI, Käroly Patak, im Juni 1968 ausgewiesen wurde. Später gelang es ihm, in Peking durchzusetzen, daß ein langjähriger Korrespondent von Peking als neuer MTI-Ver-treter akzeptiert wurde. Wer als Nachfolger von Haläsz nach Rotchina geht, ist aber auch bereits entschieden: er heißt Ferenc Godor und ist ein Mann ohne jegliche diplomatische Erfahrung, ja ohne internationale politische Kenntnisse. Der alte Parteiapparatschik hat als höchste Stufe seiner politischen Karriere den Stuhl des Ersten Parteisekretärs im Komi tat Hajdä-Bihär erkämpft. Im Dezember 1966 verlor er seine ZK-Mitgliedschaft und im März 1967 sogar seinen Sitz im Parlament. Godor wird in Peking kaum mehr sein aUs ein Statist der russischen Diplomatie.

Indessen konnte in Budapest in Erfahrung gebracht werden, daß Elek Töth als neuer Botschafter nach Belgrad entsandt wird. Töth war schon ungarischer Botschafter in Algier und Tunis, zuletzt Abteilungschef im Außenministerium.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung