Corona-Krise: Rückwurf ins Absolute des Privaten
"Social Distancing" kann für nicht wenige Menschen eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Die Enge, die es im öffentlichen Leben zu vermeiden gilt, verlagert sich nach innen. Familiäre Konflikte verstärken sich, einsame Menschen werden noch einsamer.
"Social Distancing" kann für nicht wenige Menschen eine ernsthafte Bedrohung darstellen. Die Enge, die es im öffentlichen Leben zu vermeiden gilt, verlagert sich nach innen. Familiäre Konflikte verstärken sich, einsame Menschen werden noch einsamer.
„Social Distancing“. Der Begriff der Stunde. Sich abschirmen, so gut wie keinen Kontakt zu den Mitmenschen – das ist die Losung, um der Pandemie Einhalt zu gebieten. Sie ist alternativlos und stellt dennoch für nicht wenige Menschen eine ernsthafte Bedrohung dar. Die Enge, die im öffentlichen Leben vermieden werden soll, verlagert sich ins Innere. Der Mensch wird in das Absolute des Privaten zurückgeworfen. Für Familien bedeutet das: Bereits vorhandene Konflikte und zwischenmenschliche Probleme können sich verstärken.
Im schlimmsten Fall mündet das in eine Zunahme von Gewalt. Darauf hat bereits Gesundheitsminister Rudolf Anschober in einem Statement aufmerksam gemacht. Die Paradoxie von „Social Distancing“ ist, dass einigen die Möglichkeit verwehrt bleibt, sich zurückzuziehen. Schon jetzt verzeichnen die Hotlines von Gewaltschutzzentren eine erhöhte Anruferfrequenz. Vor allem Frauen würden von gewalttätigen Ehemännern und Vätern berichten. Für konkrete Zahlen ist es noch zu früh. Ein Blick nach China liefert allerdings Aufschluss darüber, was auf uns zukommen könnte. Während der Quarantäne hatten sich dort laut Frauenrechtsorganisation „Weiping“ die Opfer häuslicher Gewalt verdreifacht. Die Dunkelziffer ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Polizeibeamte berichten in sozialen Netzwerken, dass Konflikte eskaliert waren, weil viele Menschen permanent unter Angst gestanden hätten und Verdienstausfälle wirtschaftlichen Druck herbeigeführt hätten. In der Tat ist in Wuhan nach Ende der Quarantäne die Scheidungsrate gestiegen
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