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Ernte und Mißernte

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Eine äußerst bemerkenswerte Ausstellung in der Zentralbuchhandlung (Wien I, Schulerstraße 1—3) vereint 50 Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen von Edouard Pignon unter dem Titel „Ernte in der Campagna di Roma“. Pignon, 1905 geboren, gehört zu jener zweiten Generation französischer Maler, die nach dem letzten Kriege den Sammelbegriff „Ecole de Paris“ für sich beanspruchten und ohne auf die Disziplin des Kubismus einzugehen, die Wirklichkeit in freie, farbig gesättigte Rhythmen umwandelten. In diesen Blättern, die in drei Sommeraufenthalten — 1958 bis 1960 — in Fi- lacciano entstanden, hat Pignon die besten Leistungen seiner letzten Jahre konzentriert, in denen seine Ölbilder eine Stagnation und Entleerung anzukündigen schienen. Wenn auch die Zeichnungen wenig auf räumliche und formale Beziehungen eingehen und ihnen die Klarheit und Disziplin mangelt, so ist doch in ihrer Spontaneität der leidenschaftliche Rhythmus der Erntearbeit überzeugend eingefangen. Landschaft, Mensch, Maschine und Tätigkeit verschmelzen zu erregten Zeichen, in denen die Bewegung wie ein Furor alles ergriffen hat. Das barocke Pathos der besonders schönen Tuschskizzen läßt von fern an die herrliehen Zeichnungen Guardis denken, nur ist hier alles weniger differenziert, gröber und elementarer. Diese Blätter, die den Inhalt eines bereits erschienenen Kunstbandes bilden, sind insgesamt eindrucksvolle Leistungen.

Unter dem vieldeutigen Titel „Malerei ohne Grenzen“ vereinen sich in der Galerie Willi Verkauf zumeist jüngere Maler, die in den dort ausgestellten kleinen Formaten meist ansprechendere dekorative Leistungen zeigen als in den von ihnen sonst bevorzugten großen. So ist Vnger durch zwei hübsche Aquarelle vertreten, Riedl durch seinen Tapisserien gleichstarke Bilder, Pick durch farbstarke an den Jugendstil erinnernde Kompositionen, Meißner im kleineren Bild durch eine sensiblere Leistung und Mikl durch geschmackvolle Muster. Decleva wirkt in einem Bild trotz mangelnden Aufbaus recht reizvoll, Kraus mit seinen Netzen zu sehr als Trick, Jungwirth diesmal zu dünn, Fruhmann zu primitiv und Staudacher zu leer. Daß die Ausstellung nicht nur in Hinblick auf die von ihr vertretenen Anschauungen bereits passee erscheint, liegt wahrscheinlich auch daran, daß kaum jemand in ihr eigene Substanz aufzuweisen hat, die durch Gestikulation und Flüchtigkeit nicht zu ersetzen ist.

An Substanz mangelt es durchwegs auch den Veduten, Kircheninterieurs, Landschaften, Akten und Ölbildern von Robert Keil in der Galerie Nebehay, bei denen das Ungezügelte des Vortrages von der äußerst mangelhaften Zeichnung ablenken soll, die besonders in den Akten eklatant sichtbar wird. Der Bezug auf die Gegenständlichkeit verlangt gerade heute — wie ja eigentlich immer — Aufrichtigkeit und Wahrheit in der Darstellung, zeichnerisches und formales Können, Beherrschung der Mittel, Einsicht und Demut und kann nicht mit billiger Effekthascherei ersetzt werden.

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