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Eine „Einstiegsdroge
Die Folgekosten des Abfangjäger-Ankaufs gefährden das Milizbeer
Nach außen hin reden sie alle mit einer Zunge: Die rot-weiß-roten Militärs begrüßen die Entscheidung der Bundesregierung, endlich auch Geld für den längst geplanten Ankauf von Abfangjägern für das Bundesheer bereitzustellen.
Doch unter der Decke keimen die Vorbehalte und Einwände gegen die Milliardeninvestition in Österreichs Luftwaffe. Wobei der Begriff „Luftwaffe" angesichts von ganzen 24 Stück Militärflugzeugen leicht übertrieben scheint.
Immerhin: Tatsache ist, daß die derzeit noch in Verwendung stehenden Saab OE-105 in längstens drei Jahren endgültig Schrottreife erlangen. Und da die Einführung neuen Fluggeräts zumindest zwei Jahre in Anspruch nimmt, muß jetzt entschieden werden.
Dazu kommt, daß heute das Image des Bundesheeres in der Öffentlichkeit positivere Werte erreicht als je zuvor. Die leichte Konjunkturerholung tut ein übriges.
Angesichts dieser fast „historischen Chance" darf nicht weiter verwundern, daß dem ersten freiheitlichen Heeresminister offenbar gelingt, was allen seinen Vorgängern versagt geblieben ist. Und das, obwohl nach wie vor ernsthafte Argumente gegen das
Abfangjäger-Abenteuer sprechen.
Der gewichtigste Einwand: Momentan befindet sich der Aufbau des Milizheeres in einer Zwischenstufe. Von 1986 an beginnt dann die sogenannte Ausbaustufe, die bis in die Mitte der neunziger Jahre abgeschlossen sein soll.
Dafür braucht man Geld, viel Geld. Wenn nun auch der Ankauf der Abfangjäger — glaubt man den Beteuerungen der Regierung — außerhalb des Verteidigungsbudgets erfolgt, die Kosten für den Betrieb und den Ausbau der Infrastruktur müssen wohl aus dem Verteidigungsetat bestritten werden.
Nach vorsichtigen Schätzungen dürfte sich bis 1995 — das ist die maximale Einsatzdauer dieser Flugzeuggeneration — der finanzielle Aufwand für die modernisierte Luftwaffe auf rund zehn Milliarden Schilling belaufen.
So gesehen sind die Anschaffungskosten das geringste Problem.
Wenn aber der Flugbetrieb allein derartige Summen verschlingt, bleiben für den Ausbau des Milizheeres kaum Budgetmitteln übrig. Die Miliz-Idee wäre deshalb nicht bloß gefährdet, sie wäre grundsätzlich in Frage gestellt.
Mitte der neunziger Jahre muß dann zwingend der Umstieg auf die nächste Abfangjägergeneration erfolgen. Die Kosten dafür liegen — das ist heute schon abzusehen — jenseits der 40 Milliarden Schilling. Ob der Steuerzahler bereit sein wird, für Investitionen in diesem Ausmaß herzuhalten, steht auf einem anderen Blatt.
Die derzeit zur Diskussion stehenden 24 Flugzeuge sind daher bloß eine gefährliche „Einstiegsdroge", unter deren Einfluß am Ende das Milizheer sterben wird.
Wenn den modernen Militärjets im Krisenfall und im Neutralitätsfall — sprich Identifikation in den österreichischen Luftraum eindringender Flugzeuge — eine gewisse Brauchbarkeit nicht abgesprochen werden soll, im Ernstfall — sprich Verteidigungsfall — sind Abfangjäger militärisch unbrauchbar. Das wird selbst von Seiten des Verteidigungsministeriums zugegeben.
Abfangjäger um den Preis der Aufgabe des Milizsystems? Vor einer endgültigen Kaufentscheidung sollte noch einmal darüber diskutiert werden.
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