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Dies sind einige der wichtigsten Errungenschaften von SALT II:

• Erstmals fixiert das Abkommen gleiche Obergrenzen für alle entscheidenden interkontinentalen strategischen Trägersysteme sowie wichtige Unterkategorien für Raketen mit Mehrfachsprengköpfen.

• Das Abkommen enthält eine wirksame Obergrenze für die Zahl der Sprengköpfe, die Mehrfachsprengkopf-Interkontinentalraketen tragen dürfen.

• Das Abkommen beschränkt jede der beiden Seiten auf die Entwicklung und Gefechtsbereitstellung einer vollständig neuen Interkontinentalrakete bis 1985. Dadurch wird eine qualitative Ausweitung des Rüstungswettlaufs verhindert, aber dennoch die Entwicklung einer neuen Raketentype und einer weniger verwundbaren Abschußvorrichtung ermöglicht.

Eine sinnvolle Beurteilung des SALT-II-Abkommens erfordert freilich auch eine klare Erkenntnis dessen, was damit nicht erreicht werden wird und nicht erreicht werden kann.

Erstens und vor allem ist SALT II nicht ein Abkommen, das auf bloßes Vertrauen angewiesen ist. Es beruht auf einem gemeinsamen Interesse und ist das Ergebnis harter Verhandlungen und Kompromisse. Es sieht ausreichende Kontrollmechanismen vor.

Selbstverständlich wird SALT II auch nicht das Ende der Ost-West-Konkurrenz bedeuten. Wo unsere Interessen gefährdet sind, werden wir sie verteidigen. Und wo wir die Entspannung ausbauen und neue Formen der Zusammenarbeit mit der Sowjetunion erreichen können, werden wir uns darum bemühen.

SALT II bedeutet nicht das Ende der militärischen Konkurrenz mit der Sowjetunion, nicht einmal auf dem Gebiet der strategischen Waffen. Während der letzten zwei Jahrzehnte hat die UdSSR ihre Streitmacht auf allen Gebieten ausgeweitet und modernisiert. Ihr ständig wachsendes Verteidigungsbudget macht schon mehr als zehn Prozent des sowjetischen Bruttosozialprodukts aus.

Unser derzeit mit Abstand größtes Problem ist die Verletzbarkeit unserer interkontinentalen Landraketen. Außerdem müssen wir unsere taktischen Atomwaffen sowie die konventionellen Streitkräfte verbessern. Das können und werden wir tun, und nichts im SALT-II-Vertrag hindert uns daran.

Niemand soll SALT II als ein Mittel ansehen, das geeignet sein könnte, der Sowjetunion umfassende Beschränkungen im Bereich der Militär- und der Außenpolitik oder gar der Innenpolitik aufzuerlegen. In der inneramerikanischen Diskussion über SALT bezweifeln manche, ob wir ein Abkommen mit der UdSSR unterzeichnen können, solange die Sowjetunion fortfährt, gegen unsere Interessen in vielen Teilen der Welt zu handeln und die menschlichen Grundrechte im eigenen Land zu mißachten. Sie bestehen auf einer Junktimierung.

Unsere Position ist klar, was eine solche Junktimierung betrifft. Das Bemühen um solche Beschränkungen soll der amerikanischen oder der sowjetischen Politik oder der Konkurrenz zwischen den beiden nicht im Weg stehen. Wir akzeptieren zum Beispiel keine Junktimierung einer engeren amerikanisch-chinesischen Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten mit SALT, und wir würden uns jedem sowjetischen Versuch dazu energisch widersetzen. Aber ebenso können wir nicht darauf bestehen, daß die UdSSR uns in anderen Fragen entgegenkommt, nur weil wir SALT unterschrieben haben.

Die Zulassung solcher Junktimie-rungen würde bedeuten, daß kein Problem im Verhältnis der USA zur UdSSR gelöst werden könnte, ohne daß gleichzeitig alle übrigen Probleme gelöst werden. Das wäre nicht ein Rezept für eine Politik, sondern für eine Lähmung.

Es wird heißen, das Abkommen gehe nicht weit genug, die Obergrenzen seien zu hoch angesetzt und die Gesamtbegrenzungen zu bescheiden. Niemand stimmt mit dieser Kritik ehrlicher überein als Präsident Carter selbst. Aber er weiß, und wir alle sollten es wissen, daß das Streben nach dem Besten nicht dem Erreichen des Guten im Wege stehen darf.

Andere werden argumentieren, daß SALT II ungeachtet des Prinzips der Parität, auf dem seine entscheidenden Bestimmungen beruhen, zur strategischen Unterlegenheit unserer Nation fuhren werden. Ich halte diese Kritik für unbegründet, und zwar deshalb:

• Man wird sagen, die Sowjetunion dürfe sehr schwere Interkontinentalraketen haben, während unsere viel leichter seien. Aber wir wollten selbst nie schwerere Raketen bauen, sondern uns statt dessen auf die qualitativen Vorteile der unseren verlassen. Und in SALT II haben wir eine wichtige Beschränkung der schweren Raketen der UdSSR durch die Begrenzung der Zahl der Mehrfachsprengköpfe pro Rakete erreicht.

• Man wird sagen, das Abkommen beschränke die Marschflugkörper (cruise missiles), die für uns viel wichtiger als für die Sowjetunion sind. Aber wir werden eine beträchtliche Zahl von aus der Luft abzuschießenden Marschflugkörpern ohne Reichweitenbegrenzung montieren dürfen. Und die Beschränkungen, die für Marschflugkörper auf U-Booten und auf Abschußrampen zu Lande gelten, werden zeitlich auslaufen, noch ehe wir in der Lage sein werden, diese in Gefechtsposition zu bringen.

Viel Kritik an SALT II wird sich auf die angezweifelte Überwachbarkeit konzentrieren. Wir sind absolut zuversichtlich, daß wir angemessene Kontrollmechanismen zur Verfügung haben. Wir haben eine riesige, hochentwickelte und teure Palette von Möglichkeiten für die Überwachung aller 'strategischen Programme der UdSSR. Diese Mittel stehen ausschließlich unter unserer eigenen Kontrolle und erfordern in keiner Weise bloßes Vertrauen in den guten Willen der Sowjetunion.

Der SALT-Prozeß steht ohne Vorbild in der Geschichte da. Nie zuvor haben zwei völlig verschiedene, mächtige Rivalen der Völkergemeinschaft gemeinsam einen Versuch unternommen, ihre Handlungsfreiheit auf Gebieten einzuschränken, die für ihr eigenes Uberleben wie für das Überleben der Menschheit enschei-dend sind.

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