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SPÖ will mehr Geld für die Gemeinden

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Wenig Freude haben Niederösterreichs Kommunalpolitiker mit der Lan-deshauptstadt-Diskussi-.on. Dafür sollen Milliarden ausgegeben werden, während die Gemeinden in argen Finanznöten sind.

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Wenig Freude haben Niederösterreichs Kommunalpolitiker mit der Lan-deshauptstadt-Diskussi-.on. Dafür sollen Milliarden ausgegeben werden, während die Gemeinden in argen Finanznöten sind.

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Amüsiert man sich in anderen Bundesländern über den plötzlichen Wunsch Siegfried Ludwigs nach einer Landeshauptstadt, so finden vor allem Niederösterreichs Kommunalpolitiker die Sache weniger lustig. Sie plagen nämlich ganz andere Sorgen als das Fehlen einer blau-gelben Metropole. Fast 70 Prozent der insgesamt 559 Kommunen gelten als finanzschwach. Die niederösterreichische SPÖ fordert daher ein Gemeindeförderungsgesetz, das den Gemeinden unter die Arme greifen soll.

Geht es bei der Landeshauptstadt um Summen in der Größenordnung von 20 bis 30 Milliarden Schilling, so könnte der dringendste Finanzbedarf der Gemeinden mit viel weniger Geld gestillt werden. Rund eine Milliarde Schilling pro Jahr sollte nach Meinung der SPÖ als Mindestsumme im F.ahmen eines Gemeindeförderungsgesetzes an die schwachen Kommunen verteilt werden. Neben der grundsätzlichen Hilfe für finanziell schwache Gemeinden sollen mit diesen Mitteln vor allem Abwasserbeseitigungsanlagen, Wasserleitungen, Straßen und solche Einrichtungen gefördert werden, die der Verbesserung der Kommunikation in den Gemeinden dienen. Bisher hieß es immer, für diese Zwecke sei von Landesseite zu wenig Geld da - was die Kommunalpolitiker zähneknirschend zur Kenntnis nehmen mußten. Angesichts der Leichtigkeit, mit der die ÖVP aber über das Milliardenprojekt einer Lan-

deshauptstadt diskutiert, geraten immer mehr Gemeindevertreter in Rage. Und mit Schrecken erinnert man sich an die Zeiten Viktor Müllners, als etwa der Wohnbauförderung über Jahre hinweg jenes Geld fehlte, das

zum Ausbau der „Südstadt" eben dort konzentriert wurde. Ähnliches müssen die Gemeinden auch für den Fall einkalkulieren, daß die ÖVP sich wirklich nicht scheut, die genannten Riesensummen für eine blau-gelbe

Metropole auszugeben.

Eine einzige Gemeinde käme dann in den Genuß jenes Geldregens, alle anderen dürften mit jahrelanger finanzieller Dürre rechnen. Und während es aus den Amtsräumen des Landeshauptmannes heißt, man wolle eine „grüne" Landeshauptstadt entstehen lassen, beißen sich die Kommunalpolitiker an der ökologischen Grundausstattung die Zähne aus: an den Kanal- und Kläranlagen. Erst rund 40 Prozent der Gemeinden verfügen über Abwasserbeseitigungsanlagen. Rund 14 Milliarden Schilling werden in den nächsten Jahren aufgebracht werden müssen, wenn die Abwässer der restlichen Kommunen nicht auf ewige Zeiten -oder bis zur Öko-Katastrophe - ungeklärt in diverse Bäche und Flüsse geleitet werden sollen.

Wenn auch einige Bürgermeister -verständlicherweise - ihren grundsätzlichen Anspruch angemeldet haben, die Hauptstadt auf ihrem Grund und Boden beherbergen zu wollen, hat sich Ludwig mit der Hauptstadt-Idee bei den Gemeindepolitikern sicher wenig Freunde gemacht - auch aus den eigenen Reihen mehrt sich Kritik. Was angesichts der finanziellen Probleme der Gemeinden mehr als verständlich ist. Die SPÖ-Forde-rung, statt Milliarden in eine Landeshauptstadt zu stecken, dieses Geld besser in die Gemeinden zu pumpen, findet auch in der ÖVP mehr und mehr Anhänger.

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