Gemeinden kurbeln, kurbeln ...

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Österreichs Gemeinden bieten Arbeitsplätze für rund 80.000 Beschäftigte und fördern mehrfach das Wirtschaftsleben: indem sie ihre Infrastruktur ausbauen und damit einen attraktiven Rahmen für Betriebsansiedlungen schaffen.

Nach dem Motto "von der Verwaltungs-zur Dienstleistungsgemeinde" haben die 2359 österreichischen Gemeinden in den letzten Jahren zahlreiche neue Aufgaben und zunehmend mehr Serviceleistungen übernommen. Dass die Gemeinden als Erhalter von Alters-und Pflegeheimen fungieren, ist zwar nichts Neues, sagt Daniel Kosak, Pressesprecher des Österreichischen Gemeindebundes, "diese Dimension nimmt aber immer mehr zu". Aufgrund der sich verändernden Bevölkerungsstruktur gibt es einen steigenden Bedarf an Altenbetreuung, und darum müssen sich die Gemeinden kümmern.

Bürger ist kein Bittsteller

Auch Josef Mösenbacher, Amtsleiter der Marktgemeinde Irdning in der Steiermark, weiß davon ein Lied zu singen: "Die zusätzlichen Dienstleistungen im sozialen Bereich machen sich vor allem durch eine erhöhte budgetäre Belastung bemerkbar: Hauskrankenpflege, Essen auf Rädern ...". Dazu kommt eine sich ändernde Philosophie: "Der Bürger kommt nicht mehr als Bittsteller ins Amt."

Ebenso hat sich der Bereich der Kinderbetreuung ausgedehnt: Längere Öffnungszeiten in den Kindergärten und Nachmittagsbetreuung für Pflichtschüler sind nur zwei Beispiele. Die Personalkosten übernehmen teilweise die Länder, dennoch zahlen die Gemeinden die komplette Infrastruktur für die Kinderbetreuungseinrichtungen. "Immer neue Aufgaben und Einrichtungen kommen dazu", meint Kosak, "und am Ende des Tages hat die Gemeinde die Kosten." Kosak verweist auch auf das Pass-und Meldewesen, das erst vor kurzem von den Bezirkshauptmannschaften in den Aufgabenbereich der Gemeinden gefallen ist.

Insgesamt sind in Österreichs Gemeinden vier Fünftel der Bediensteten im Dienstleistungsbereich tätig, der Rest in der Verwaltung. Dieses Verhältnis trifft auch auf Irdning zu. Sieben der 35 Gemeindebeschäftigten arbeiten in der Verwaltung - darunter fallen Buchhaltung, Standesamt, Friedhofs-und Gemeindeverwaltung. Die anderen 28 Bediensteten sind in den zwei Schulen, im Kindergarten und im Bauhof angestellt.

Österreichs Kommunen beschäftigen rund 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - kein geringer Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer im Land. Laut Kosak bleibt die Zahl der Gemeindebeschäftigten seit Jahren konstant. Was an zusätzlichem Personalaufwand entsteht, werde durch Auslagerungen wettgemacht. Das betrifft unter anderem die Abfallentsorgung. Auch die Gemeinde Irdning hat ausgelagert: Sie finanziert zwar die Altenbetreuung, hat diese Aufgabe allerdings dem Sozialhilfeverband Liezen anvertraut.

Beschäftigungsmotor

Euphorisch ist man in Salzburg, was die Bedeutung der Gemeinden als Arbeitgeber betrifft. Die Salzburger Arbeiterkammer hat die Beschäftigungsentwicklung im Bundesland unter die Lupe genommen und Anfang des Jahres eine Studie dazu veröffentlicht: Fünf Prozent der in den Jahren 2000 bis 2005 neu entstandenen Jobs gehen auf das Konto der Gemeinden. In den Salzburger Kommunen ist die Zahl der Beschäftigten um 547 gestiegen; davon 123 neue Stellen in der öffentlichen Verwaltung und jeweils 196 Jobs im Unterrichtswesen und im Bereich Gesundheit/Soziales; im Bauwesen gab es zumindest keine Rückgänge. Damit stellen die Salzburger Gemeinden 10.044 Arbeitsplätze zur Verfügung. "Die Zahlen zeigen eindrucksvoll die Bedeutung der Kommunen. Jener öffentliche Bereich, der den Bürgern am nächsten steht, spielt nicht nur als Investor eine große Rolle, er ist auch ein Beschäftigungsmotor", kommentiert Siegfried Pichler, Präsident der Salzburger Arbeiterkammer, die Ergebnisse der Studie.

Die Gemeinden tragen aber nicht nur in ihrer Funktion als Arbeitgeber zum wirtschaftlichen Wohlstand bei; die Bereiche, in denen die Kommunen als Arbeitgeber auftreten - Kinderbetreuung, Aus-und Weiterbildung, öffentliche Infrastruktur -, zählen zu den wichtigen Standortfaktoren. Genau diese Kriterien machen eine Gemeinde für Unternehmen attraktiv.

Attraktiv für Betriebe

Kinderbetreuungseinrichtungen sind eine Voraussetzung dafür, dass Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, und sie machen Kommunen als Wohnorte attraktiv. Aus-und Weiterbildung tragen zur Erhöhung des - wie es Wirtschaftswissenschafter nennen - Humankapitals einer Region bei. Verkehr, Telekommunikation, Wasserversorgung und Abfallverwertung liegen ebenfalls im Verantwortungsbereich der Gemeinden und beeinflussen deren Attraktivität für Betriebe. Für Margit Schratzenstaller vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung sind Beratungsstellen für Betriebsansiedelungen eine gute und kostengünstige Idee, um die Wirtschaft einer Gemeinde anzukurbeln: "Knappe Kassen bei Bund, Länder und Gemeinden erfordern, mit dem Geld, das man hat, kreativ zu sein" (siehe auch Interview unten).

Kleine Budgets, große Ideen

Kreativität zeigt unter anderem die Gemeinde Ludweis-Aigen in Niederösterreich mit ihrer Ludweiser Wirtschaftsmesse. Die letzte Messe fand im April dieses Jahres statt; unter den Ausstellern befanden sich eine Friseurin, zwei Tischler, eine Galerie, zwei Gastronomie-Betriebe, ein Elektriker, ein Mechaniker und ein Sägewerk. Sie präsentierten im Gemeindesaal und auf dem Marktplatz zwei Tage lang ihre Produkte. Die Gemeinde kümmert sich um die administrative Abwicklung der Veranstaltung, die vor allem jungen Betrieben, die noch nicht sehr bekannt sind, helfen soll. Am Anfang ist die 1000-Einwohner-Gemeinde für diese Idee belächelt worden, erzählt Gemeindeamtsleiter Friedrich Kadernoschra. Aber es hat nicht lange gedauert und "die umliegenden Gemeinden haben ebenfalls mitmachen wollen".

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