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Währungskrise und EG-Skepsis

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Nach nicht einmal einem Jahr ist das Europäische Währungssystem (EWS) abermals in einer schweren, existentiellen Krise. Die letzte endete im September 1992 mit einer spürbaren Abwertung und dem Ausscheiden von Pfund und Lira.

Würden der unter Druck geratene französische Franc, die Peseta, der Escudo, die Dänenkrone und der belgische Franc - oder aber auch nur zwei dieser Währungen - aus dem EWS ausscheiden, würde dies das Ende des EWS bedeuten.

Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob es zu dieser neuerlichen Krise wirklich nur dadurch gekommen ist, daß die Deutsche Bundesbank (ihre Funktion entspricht der Oesterreichischen Nationalbank) die Leitzinsen nicht im erhofften Ausmaß gesenkt hat. Tatsache ist, daß ein Währungsverbund von nicht wirklich harmonisierten Volkswirtschaften immer verletzbar bleiben wird. Weil die Erfordernisse des Währungsverbundes dann sehr oft konjunkturell notwendigen Maßnahmen, etwa einer Zinsensenkung zur Ankurbelung der Wirtschaft, entgegenstehen, und diese Blößen dann regelmäßig die gewerbsmäßigen Währungsspekulanten auf den Plan rufen.

Apropos Spekulation: Es ist erstaunlich, wie hilflos die großen mächtigen Notenbanken, trotz eines ausgeklügelten Systems zur gegenseitigen Hilfe („Intervention”) den Spekulanten offenbar ausgeliefert sind. Sollte man doch meinen, daß sie dank ihrer Devisenreserven das zigfache „Spiel”kapital der Spekulanten haben.

Wie immer es jetzt weitergehen wird: Notwendig wäre es, wirkungsvolle Maßnahmen gegen die weltweit agierende Währungsspekulation zu ergreifen -notfalls auch legistischer Art. So wie die Spekulation jetzt agiert, hat sie von ihrer legitimen Aufgabe, ein Korrektiv zu unrealistischen Preisen (=Kursen) zu sein, völlig abgehoben und ist zum willkürlich Kursbewegungen auslösenden Moment geworden. So wenig, wie es die zivilisierte Welt hinnehmen kann, daß Warlords Entwicklungsländern ihre „Ordnung” aufzwingen, sollte sie es hinnehmen, daß Abenteurer via (Devisenhandels-)Bildschirm die industrialisierte Welt ins Währungschaos stürzen können.

Obwohl die EG natürlich ohne EWS weiterbestehen kann, ist die neuerliche Krise des Europäischen Währungssystems sicher keine Hilfe bei dem Vorhaben, das wachsende Lager der EG-Skeptiker in Österreich „umzudrehen”. So, wie es zwar wahrscheinlich sachlich notwendig, optisch aber fürchterlich ist, wenn Österreichs Wirtschaftsminister gerichtliche Schritte gegen die EG ankündigen muß, weil diese mit Extrazöllen für die Produkte von angeblich übersubventionierten österreichischen Unternehmen droht.

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