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Wie lebten unsere Kelten-Ahnen?

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Das salzburgische Bad Dürrnberg macht dem Schweizer Ferienort La Töne

Konkurrenz. Bedingt durch die hohe Quantität und Qualität der Funde, die in diesen

Jahren auf dem Berg des Luftkurortes gemacht wurden, meinten Prähistoriker: Jene mitteleuropäische Kulturepoche, die auf Grund früherer Erkenntnisse als La-Töne-Zeit bezeichnet worden ist, sollte mit mehr Recht Dürmberg- Kultur heißen.

Zu ihrem Namen kam die jüngere Eisenzeit (450 v. Chr. bis zur Okkupation durch die Römer) durch die Depotfunde, die - charakteristisch für diese Ära - um die

Jahrhundertwende in La Töne am Ufer des Neuenburger Sees ausgegraben worden sind.

Unter den mehr als 2500 Objekten waren gut ein Drittel Waffen - eiserne Schwerter,

Lanzen, Speere und Schilde. Es gab zahlreiche Sicheln und Sensen, Messer und

Pferdegeschirr, Eisenbarren, Schmuck und Münzen. Man rätselt noch heute über die

Ursache einer so gewaltigen Anhäufung von Geräten. Die Deutungen reichen vom

Opferdepot über das Lager einer Militärstation, von einem Händlerdepot bis zu einer

Zollstation. Die Träger dieser Kultur, die an die ältere Eisen- oder Hallstattzeit (750 v.

Chr. bis 450 v. Chr.) anschließt, waren die Kelten.

Daß die Kelten auf dem Dürmberg einen Siedlungsplatz besessen hatten, war schon seit langem bekannt. Schon 1579 wurde im Dürmberger Bergwerk ein vom Salz gut konservierter Bergmann gefunden, „am Fleisch ganz geselcht, gelb und hart wie ein

Stockfisch“.

1959 wurde auf dem Mooserstein in der Nähe der Talstation der Gondelbahn abermals das Grab eines Mannes ausgegraben, den das Salz aus dem Bergwerk reich gemacht hatte. In ihm fand man eine Bronzefeldflasche, die auf vier Beinen stand, einen

Bronzehelm, zwei mit Bronzebeschlägen verzierte Röhrenkannen aus Holz, die

Nachbildung eines Kahnes mit Rüdem aus Gold, eine attische Schale, einen Bronzeeimer und ein Bronzebecken sowie ein Hallstattbeil.

Als der projektierte Bau einer Straße von Hailein über den Dürmberg nach

Berchtesgaden die Bodendenkmalpfleger SOS schreien ließ, kam die Dominanz von La

Töne immer mehr ins Wanken. Seit 1978 suchen auf einem 30.000 Quadratmeter großen Areal alljählich vom Frühjahr bis in den Herbst hinein eine Reihe von

Wissenschaftlern jeden Zentimeter ab, um zu retten, was durch den Straßenbau vernichtet werden würde.

Mit der Durchführung betraut sind das Salzburger Museum Carolino- Augusteum,

das Keltenmuseum Hallein, das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Wiener

Universität, die britische Universität Leicester sowie die Abteilung für Boden-

denkmalpflege des Bundesdenkmalamtes.

Bis jetzt haben die einzelnen Arbeitsgruppen mehr als 160 Gräber aufgedeckt Unter den Beigaben befand sich ein Gefäß in Stiefel- und ein Anhänger in Adlerform, Bronzefi-

beln mit Tierköpfen, silberne Armreifen, Goldringe und ein besonders schöner Halsreif mit Vogelkopfenden und einem Raubtierschnabel sowie ein Kappenhelm, von dem man in ganz Europa bislang nicht mehr als zehn Exemplare festgestellt hat. Außerdem konstatierte man Reste von

Industriebauten, vorwiegend Schmieden.

Zu diesen Erfolgen gesellte sich noch eine wissenschaftliche Sensation: Zwischen den Körpergräbem spürte das Team des Prähistorikers Johannes Neugebauer 2,5 x 1

Meter große Terrassen auf. Hier hatten die Dürmberger Kelten einen Scheiterhaufen für die Totenverbrennung errichtet

Anläßlich der 750-Jahr-Feier zur Stadterhebung von Hallein werden 1980 im

Halleiner Keltenmuseum die prägnantesten La Töne-zeitlichen Funde vom Dürmberg und solche aus halb Europa in der von Direktor Penninger betreuten Ausstellung „Die

Kelten in Mitteleuropa“ gezeigt.

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