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Indische Tempelkunst

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Über dem Portal der Wiener Kunsthalle in der Zedlitzgasse grüßt neben der österreichischen Flagge der ceylonesische Löwe auf rotem Grund herab: Seit 21. August hat hier eine einzigartige Ausstellung buddhistischer Tempelfresken aus Ceylon Raum gefunden.

In den dichten Wäldern Ceylons, das auch Singhala — „Löwenwohnort“ genannt wird, schlummern die von der üppigen Vegetation schon teilweise überwucherten halbverfallenen Gemäuer uralter Tempel, deren künstlerisches Erbe ohne die mühevolle Forschungsarbeit Manjusri The- r o s der Vergessenheit anheim gegeben wäre. Der Künstler, der im Alter von dreizehn Jahren in den buddhistischen Priesterstand eintrat und sich auch als Übersetzer des mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichneten indischen Dichters Rabindranath Tagore betätigte, hat viele im Urwald verborgene Tempelruincn ausgeforscht, ihre Fresken freihändig kopiert und so wertvolle Reproduktionen alten Kulturgutes geliefert. Es handelt sich hier vor allem um religiöse Motive und solche aus der indischen Mythologie, wie die „Versuchung Buddhas" (Nr. 25) durch Mara, den Bösen, die Personifikation der irdischen Bestrebungen und des Lebens — eine Parallele zu Christi Versuchung in der Wüste. Ferner zahlreiche Darstellungen aus Göttersagen, Märchen und Tierfabeln. Besonders bemerkenswert ist ein aus dem 3. bis 2. vorchristlichen Jahrhundert stammendes Fragment des Karambagala-Freskos, und Inkarnationen des Bodhisattva, der Vorexistenz Buddhas. Nach der Lehre von der Seelenwanderung muß jede Seele eine Reihe von Verkörperungen von Pflanze und Tier bis zum Menschen durchgehen, und Bodhisattvas sind zukünftige Buddhas- Menschen, die durch ihr früheres Leben sich würdig gemacht haben als Buddha geboren zu werden.

Jedoch enthält die Austeilung nicht nur Kopien, sondern auch Originalgemälde des Künstlers, die sehr an den surrealistischen Stil moderner Maler anklingen. Sichtbar sind sich die beiden Richtungen geistig verwandt, da auch der Buddhismus erklärt: „Wirklich ist nur unser Seelenleben, alles andere ist ,Maja — Schein". Bei einigen Gemälden findet sich auch eine Art Pointillismus angewendet — kleine Pünktchen verschiedener Farben, die aus einiger Entfernung ein zusammenhängendes Bild ergeben. Hier wechseln Szenen aus dem täglichen Leben. Vor allem ragt eine Darstellung von „Nala und Damayanti“ hervor, die Geschichte eines Liebespaares aus einem gefühlvollen indischen Epos, das uns Friedrich Rückert in einer Übersetzung erschlossen hat. — Um das Resümee zu ziehen: Die Ausstellung, der Manjusri Thero in der malerischen Tracht der Mönche seiner Heimat beiwohnte, nimmt, nicht zuletzt wegen ihrer Seltenheit, eine Sonderstellung unter denen der letzten Jahre ein. Eine Klassifikation der Ąrbeit läßt sich mangels einer Vergleichsmöglichkeit nicht vertreten.

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