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Neugierde geweckt

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In zwei Jahren wird mit der Fertigstellung des Kunsthauses Bregenz am Kornmarkt gerechnet. Dieses Großprojekt des Landes Vorarlberg wird 230 Millionen Schilling kosten. Der designierte Leiter des Kunsthauses, Edelbert Köb, Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien sieht als Schwerpunkt seines Ausstellungswesens die Information über österreichische beziehungsweise internationale zeitgenössische Kunst, auch über Berührungspunkte zwischen bildender Kunst, Architektur, Design. Seit 1991 entstehteine Sammlung österreichischer Gegenwartskunst und eine international ausgerichtete Sammlung von Zeichnungen, Plänen und Modellen zum Thema Kunst/Architektur. Wegen Kürzungen im Budget sind Ankäufe derzeit zum Teil zurückgestellt worden. Außerdem sollen im Kunsthaus die nicht nur für Vorarlberg zentralen Künstlerpersönlichkeiten Budolf Wacker (Neue Sachlichkeit), Edmund Kalb (Zeichner und Graphiker) und Albert Bechtold (Kubismus) ständig präsent sein.

In einem Nebengebäude des Kunsthauses werden Museumsshop, Kunstbuchhandlung , die Kunsthausverwaltung, Bibliothek und eine Cafeteria untergebracht. Das Erdgeschoß und die drei Obergeschoße verfügen über eine Ausstellungsfläche und Baum für die Sammlungen von 2.000 Quadratmetern. Zwei Untergeschoße sind für die Ausstellungstechnik, Werkstätten, Depots und Museumspädagogik bestimmt. Eine semitransparente Hülle aus Glasschindeln leitet das Tageslicht über Glasdecken in das Innere des Hauses.

diefurche: Kürzlich wurde das Depot

fiir die kunsthauseigene Sammlung von Donald Judd fertiggestellt Bis wann wird mit der ersten Ausstellung zu rechnen sein?

Edelbert Köb: Der Verwaltungsbau ist inzwischen im Bohbau fertig, die Fertigstellung des Kunsthaus-Boh-baues ist für Ende Oktober vorgesehen. Ende 1996, Anfang 1997 soll das Kunsthaus fertig sein. Ob man die Synergien mit den Bregenzer Festspielen nutzt und im Sommer eröffnet, oder ob man sich davon abkoppelt, steht noch nicht fest.

dieFurche: Welche Schichten der Vorarlberger Bevölkerung sollen angesprochen werden?

köb: Grundsätzlich möchte ich natürlich alle Schichten ansprechen. Mit Wacker, Bechtold und Kalb schließen wir an die klassische Moderne an, die ja mehr Publikum anzieht als die zeitgenössische Kunst. Ich sehe einen wesentlichen Teil meiner Aufgabe darin, die Museumspädagogik zu forcieren, mit Schulen, mit den Vereinen Kontakt aufzunehmen. Meine Absicht ist es nicht, ein ganz elitäres Programm nur mit Avantgarde zu machen, sondern ein Programm, das auch ein breiteres Publikum anspricht.

dieFurche: Wie wird das Verhältnis zum Vorarlberger Landesmuseum sein?

KöB: Mit dem Vorarlberger Landesmuseum haben wir natürlich eine Überschneidung bei den Werken Wackers, Bechtolds und Kalbs. Das Landesmuseum zeigt Kunst aus Vorarlberg, und das von der Bomanik bis zur Nachkriegskunst. Von Wacker, Bechtold und Kalb hängen dort einige Bilder und Plastiken in beengtem Baum. Wir werden diese Künstler in repräsentativer Weise zeigen. Die eigenen Sammlungen werden nicht permanent gezeigt, sondern in die Ausstellungstätigkeit miteinbezogen.

dieFurche: Wie ist das Verhältnis zu den heimischen Galerien? KöB: Es gibt etwa drei interessante Galerien für zeitgenössische Kunst in Vorarlberg. Dazu gibt es das „Magazin 4”, und das Palais Thum und Taxis, die auch ein sehr gutes Programm haben, es fehlt aber ein breiteres Publikum. Mein Eindruck ist, daß das Kunsthaus Bregenz eher als Konkurrenz betrachtet wird. Ich glaube, daß das eine falsche Betrachtungsweise ist, weil das Kunsthaus auch Synergie bedeutet, und eigentlich auch allen anderen nützen müßte. Ich glaube, daß man über ein Museum dieser Art neue Publikumsschichten gewinnen kann. Neugierde wird geweckt, auch Bedeutung suggeriert, unabhängig von der wirklichen Bedeutung, wenn es in einem Haus zwei, drei Ausstellungen gibt.

dieFurche: Wie definiert sich das Kunsthaus Bregenz angesichts der großen Kunsthäuser in Zürich und München?

KöB: Die Schweizer Museen und Galerien haben alle von sich aus schon Kontakt aufgenommen, erwarten sich Belebung und Unterstützung, nicht Konkurrenz, von Deutschland aus ist in diesem Baum eher wenig los, was zeitgenössische Kunst betrifft. Deswegen hoffe ich ja, daß das Kunsthaus für diese Begion wichtig wird. Ich hoffe auch, daß wir mit den Festspielen gut zusammenarbeiten können.

diefurche: Wie läßt sich einem Nicht-Kunstinteressierten plausibel machen, daß enorme Summen aus Steuergeldernfür Kunsthäuser ausgegeben werden, und nicht fiir Krankenhäuser, Wohnungen et cetera? KöB: Die politische Argumentation geht natürlich in Bichtung Fremdenverkehr, Umwegrentabilität. Da gibt es gerade für Vorarlberg, für die Stadt Bregenz, gute Argumente.

dieFurche: Wird es auch eine Wechselbeziehung von bildender Kunst zu zeitgenössischer Dichtung und Musik geben?

KöB: Ich hätlle natürlich gern, wenn das Kunsthaus auch eine Heimstätte für Avantgarde anderer Art würde, ob das zeitgenössische Musik, oder zeitgenössische Literatur ist. In Verbindung mit bildender Kunst wird man dort Lesungen und Konzerte veranstalten.

dieFurche: Laufen schon konkrete Vorbereitungen für die ersten Ausstellungen?

KöB: In der Eröffnungsausstellung werden wir 30 bis 40 Künstler jeweils mit einem Videoporträt und einem Werk präsentieren. Ich möchte damit einen Blick auf die Gegenwartskunst werfen. Die Gegenwartskunst ist sehr labyrinthisch, sehr unübersichtlich, sehr disparat. Womit beschäftigen sich die interessanten jungen Künstler heute? Gibt es noch Dinge, die für einen jungen Künstler verbindlich sind? Für eine solche Schau braucht man nicht länger als ein halbes Jahr Vorbereitungszeit. Da muß man kurzfristig entscheiden. Es hängt auch davon ab, was in den Museen in Zürich und Basel passiert. Weiters gibt es dann noch ein Programm, das den Schwerpunkt Kunst-Architektur hat, wo ich beispielsweise die nicht realisierten Projekte von Donald Judd oder das Skulpturenceuvre von Per Kirkeby zeigen werde. An der Erstellung der Werkverzeichnisse wird schon gearbeitet.

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