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Das Lentos Kunstmuseum zeigt erstmals eine repräsentative Auswahl

seiner Skulpturen, Plastiken und Objekte.

Weiträumig, schlicht und unbespielt. Zugleich ein schöner Blick auf die Donau und das gegenüberliegende Ufer des Stadtteils Urfahr. So präsentierte sich die riesige Außenfläche vor dem Linzer Lentos seit der Eröffnung 2003. Paradoxerweise wurde sie Skulpturenhalle genannt - und war ursprünglich auch als solche konzipiert. Allerdings blieb der Freiraum bisher ohne Skulpturen. Aus Angst vor Vandalismus, wie die Skulpturenexpertin des Hauses, Brigitte Reutner, erklärt. So schlecht hat dieser Leerraum gar nicht zu Konzept und Kunstbegriff der neuen Leiterin Stella Rollig gepasst. Lieber eine freie Assoziationsfläche als eine mögliche Verwechslung mit einem traditionellen Skulpturenpark, könnte man mutmaßen.

Seit Beginn des Sommers steht in unmittelbarer Nähe des Eingangs allerdings doch eine Skulptur. The Gardeners nennt sich die zweiteilige Gruppe des Linzer Künstlers und langjährigen Leiters der Meisterklasse für Bildhauerei Erwin Reiter. Die Chromnickelstahl-Plastik bildet die Ouvertüre zu einer temporären Präsentation der Skulpturensammlung im Inneren des Hauses. Reiters The Gardeners befasse sich mit der Situation von Gefängnisinsassen, so die Kuratorin der Schau - und soll über das Ausstellungsende hinaus bis zum Jahr 2009 ständig erweitert werden. "Work in Progress" also. Formal erinnert das wellenförmige Metall-Objekt weniger an gegenwärtige Skulpturentendenzen, sondern nimmt Bezüge zu Reiters Skulptur Strömung im Donaupark und dem legendären "forum metall" auf.

Beginn der Kulturstadt

Durch die 1977 vom damaligen Direktor der Neuen Galerie, Peter Baum, und dem Bildhauer Helmuth Gsöllpointner initiierte Veranstaltung erregte Linz als Skulpturen-Treff internationale Aufmerksamkeit. Für viele war es der Beginn des Wandels der Stahlstadt zur Kulturstadt. Namhafte österreichische und internationale Künstler wie Haus-Rucker-Co, Max Bill und Donald Judd entwarfen großformatige Plastiken, die im Donaupark öffentlich zugänglich waren. Einige der Skulpturen blieben der Stadt erhalten, während andere nach zwei Jahren wieder an die Künstler zurückgingen. In den 1990er Jahren geriet der Skulpturenpark an der Donau in Vergessenheit - bedingt durch die zunehmende Zerstörung der Kunstwerke, vor allem aber durch einen veränderten Skulpturenbegriff und das stärkere Interesse an ortsspezifischen Installationen. Im Zuge der jetzigen Sammlungspräsentation gelangen auch die abstrakten Außenraumplastiken durch Renovierung, Beschriftung und Widererrichtung zu neuen Ehren.

Die Skulpturensammlung des Lentos umfasst an die 450 Exponate und wurde, wie das bei Museumsankäufen oft vorkommt, nicht von Anfang an nach einem stringenten Konzept aufgebaut. Die ersten Direktoren haben nur vereinzelt dreidimensionale Kunstwerke angekauft, erst ab den 60er Jahren begann man gezielt zu sammeln. Der Großteil der erworbenen Objekte geht auf die langjährige Direktion Peter Baums zurück. Die jüngsten Arbeiten wurden von Stella Rollig angekauft, darunter Marko Lulic' mehrteilige Installation aus zwei Skulpturen und einem Video, in der es um die Geschichte der Stadt Linz und den Zusammenhang von Architektur und Ideologie geht. Julie Haywards Sublimator (2003) spielt ironisch mit der Transformation eines unsichtbaren psychischen Vorgangs - wie geschaffen für das Freud-Jahr.

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Hauptschauplatz ist der 1000 Quadratmeter große Saal im ersten Stock. Wissend um die Lücken und die subjektiven Schwerpunkte der Sammlung hat sich das Lentos für ein markantes Ausstellungskonzept des Linzer Künstlers Hans Kropshofer entschieden. Geordnet nach Themen wie "Positionen figürlicher Plastik", "Abstrakte Form - Meditation", "Licht", "Schrift und Sprache" oder "Von der Natur in der Kunst" versammeln sich jeweils mehrere Objekte und Plastiken auf Präsentationsflächen aus MDF-Platten und Bauholz zu Figurengruppen. Der Eindruck von Sockel-Kunst-Ausstellungen, bei der einzelne Skulpturen auf einem Podest thronen, wird tunlichst vermieden. Interessant sind die verschiedenen Höhenniveaus. Sie ermöglichen den Blick auf mehrere Skulpturen gleichzeitig. Trotz der Fülle und der dichten Präsentation prägen sich einige Objekte besonders ein. Etwa die blüten-oder muschelförmigen, hauchdünnen Holzskulpturen Süßer Regen (1994) des japanischen Künstlers Morio Nishimura oder Jir C7i Kolárs Das Dach des Schlosses, ein Objekt, das durch die aufgeklebten Textfragmente wie ein dreidimensionales Gedicht erscheint.

Die installationsartige Gestaltung, die mehr an eine Studiensammlung oder an ein Depot erinnert, hält die stilistisch, größenmäßig und qualitativ heterogene Skulpturensammlung geschickt zusammen. Das zeitgemäße Outfit verleiht nicht allzu bedeutsamen Skulpturen ungeahnte Qualität. Durch die gruppenartige Präsentation fällt kaum auf, dass zentrale skulpturale österreichische Positionen entweder gar nicht (Walter Pichler) oder nur mangelhaft (Franz West) in der Museumsammlung vertreten sind. Dass dabei die Aussage und die Wirkung einzelner Werke relativiert werden, gehört zu den Schwächen dieser Ausstellung. Dorothee Golz' fragiler Lebensentwurf (2004) hätte mehr Luft zum Atmen gebraucht - und eine niedrigere Positionierung von Stephan Balkenhols Holzplastik Mann mit grauer Hose und blauem Hemd (1993) wäre eher im Sinne des Kunstwerks gewesen.

Ein gemeinsamer Ort -

Skulpturen, Plastiken, Objekte

Lentos Kunstmuseum Linz

Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz

www.lentos.at

Bis 5. 11. Mo-So 10-18, Do bis 22 Uhr

Katalog: Skulpturen, Plastiken, Objekte - die Sammlung, Lentos Kunstmuseum, Linz 2006, 300 Seiten, e 28,-

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