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Allgemeiner Dienst an Gemeinschaft

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Eines Tages, wenn die Gleichbehandlung von Frauen und Männern Faktum geworden ist, werde man auch darüber reden können, meinte Innenminister Blecha jüngst in einem Gespräch mit dieser Zeitung (Nr. 1/84). „Sehr bald schon", präsentierte in einem anderen FURCHE-Ge-spräch Vizebürgermeister Erhard Busek jüngst seinen Standpunkt dazu.

Nun hat Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager „es" im Parlament bereits getan: nämlich die Frage aufgeworfen, ob nicht auch junge Frauen im Sinne einer wirklich umfassenden Sicherheitspolitik im Bereich der zivilen Landesverteidigung einen Beitrag leisten könnten.

Ehe das große Geschrei dagegen anhebt, sollte man den Mut haben, sich die Sinnhaftigkeit einer ernsten Aussprache darüber einzugestehen. Die Anregung ist weder faschistisch noch antifeministisch und antipazifistisch auch nicht.

Jeder Staatsbürger sollte prinzipiell einen Teil seines jungen Lebens dem Dienst an der Gemeinschaft widmen: Das ist nicht erst Hitler eingefallen, sondern so gut wie jedem Staatenlenker auch vor ihm schon.

Weil man sich bisher weithin die Verteidigung eines Landes nur militärisch vorstellen konnte, nahmen die meisten demokratischen Staaten die jungen Frauen aus einer solchen Forderung wieder aus. Aber die allgemeine Wehrpflicht als Gegenstück zu dem nach Söldnertum schmek-kenden Berufsheer verdankt solcher Überlegung ihre Geburt als Prinzip.

Inzwischen haben auch Demokraten weitergedacht. Unter umfassender Landesverteidigung versteht auch Österreichs Bundesverfassung seit 1975 neben der militärischen ebenso die wirtschaftliche, die zivile, die geistige. Nebenher hat sich die Diskussion um eine soziale Landesverteidigung entwickelt, hat der Begriff des Zivildienstes rechtliche Gestalt angenommen.

Das sind allerlei Bereiche, in denen Landesverteidigung mit Waffengewalt nichts mehr zu tun hat. Das Nicht-Mitdenken von Frauen im Zusammenhang mit umfassender Landesverteidigung ist nur noch historisch, nicht aber logisch und schon gar nicht im Sinn der Emanzipationsbewegung zu erklären.

Dazu kommt heute noch, daß das Verständnis für einen Dienst an der Gemeinschaft wächst. Und das Bewußtsein, daß es sehr viele Gemeinschaftsaufgaben, nicht zuletzt im weiten Feld des Umweltschutzes, gibt, wächst auch. Man brauchte also nicht einmal mehr das Arbeitsplatzargument zu strapazieren, wonach jeweils ein ganzer Jahrgang den Arbeitsmarkt nicht belasten würde.

Gemeinschaftsdienst in vielfältiger Form, mehrheitlich ohne Waffe abgeleistet: Man sollte sich darüber diskutieren trauen.

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