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„aneinander vorbei“

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Zwei bedeutende religiöse Führer kamen nach Wien: der Dalai-Lama, im indischen Exil lebendes Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, und Desmond Tutu, protestantischer schwarzer Erzbischof von Johannesburg inmitten des Krisenherdes Südafrika.

Das tibetische Volk hat seine Tragödie schon hinter sich. In den fünfziger Jahren besetzten chinesische. Truppen Tibet, der Dalai-Lama floh nach Indien; während der Kulturrevolution wurden fast alle Klöster zerstört, von den unzähligen Mönchen und Nonnen blieben nur wenige Dutzend übrig.

Dennoch predigt der Dalai-Lama nicht Haß, sondern Frieden. Bei den Verhandlungen mit China über eine etwaige Rückkehr will er über sein Volk reden, die Chinesen reden nur über seine Person: „So reden wir aneinander vorbei.“

Südafrika hat seine Tragödie womöglich unmittelbar vor sich, obwohl auch Friedensnobelpreisträger Tutu

Gewaltlosigkeit predigt. Auch dort redet man aneinander vorbei. Die Weißen versprechen Reformen des Apartheid-Systems, die Schwarzen lehnen dieses System grundsätzlich ab.

Zwei Seiten von Religiosität wurden hier sichtbar, wobei interessant ist, wer die beiden hohen Gäste eingeladen hat: Den Dalai-Lama, der eine mehr dem Geistigen als dem 'Materiellen zugewendete Frömmigkeit vermittelte, lud die Vereinigung österreichischer Industrieller ein, Erzbischof Tutu, der soziales Engagement im Vertrauen auf die weltverändernde Kraft des Evangeliums verkörpert, das sozialistische Renner-Institut.

Beiden Institutionen und den ihnen nahestehenden ,Jteichshälften“ sei nun empfohlen, auf die jeweils andere Seite von Religion nicht zu vergessen. Religion bedeutet sowohl soziales Engagement (nicht nur in Südafrika) als auch die Erkenntnis, „nicht nur vom Brot allein“ zu leben.

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