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Die „Streikinstanzen”

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Das Seilziehen zwischen den bisherigen Koalitionsparteien um die Bildung einer neuen Regierung ist nach wie vor in vollem Gang, und immer, wenn der Bruch zwischen ihnen unausweichlich zu sein scheint (und unvorsichtige Journalisten, aus Angst, eine Neuigkeit zu verpassen, das Scheitern der Verhandlungen bereits in alle Welt hinausposaunen), kommt irgendein Retter in der Not und hält die arg zerstrittene Mannschaft des linken Zentrums über Wasser. Nenni, Saragat, La Malfa und Rumor geben ihr Bestes, um dem „Centro Sinistra”, das sie vor 12 Jahren aus der Taufe gehoben haben, neues Leben einzuhauchen. Was vielleicht unter Fanfani nicht verwirklicht werden kann, mag „wenigstens” unter einem ändern

Politiker bewerkstelligt werden können.

Die vor fünf Wochen ausgebrochene Regierungskrise hätte mit einer Einigung über den sogenannten Sozialpakt beseitigt werden können. Die Ansichten über ein solches Bündnis zwischen der neuen Regierung und den Linksgewerkschaften weichen jedoch derart voneinander ab, daß bisher die besten Kompromißvorschläge keinerlei wirkliche Annäherung einzuleiten vermochten. An der Spitze der christdemokratischen Delegation hält Fanfani das Einvernehmen der Exekutive mit den Arbeitnehimerverbän- den für „opportun und nützlich”, doch darf den Gewerkschaften bei der Regierungsbildung und Regierungsführung keine entscheidende, lediglich eine beratende Funktion zukommen. Während Sozialdemokraten und Republikaner dem designierten Ministerpräsidenten durchaus beipflichten, daß die Vorrechte der Regierung und des Parlaments gewahrt werden müssen und man sich nicht noch mehr den „mächtigen Streiki ns tanzen” ausliefem sollte, bestehen die Linkssozialisten auf ihrem Beschluß, „nie eine Position im Gegensatz zu den Interessen und Entscheidungen der Gewerkschaften einnehmen zu können”.

Bei ihrer Unterstützung eines solchen Sozialpaktes zwischen Regierung und Arbeitnehmerverbänden berufen sich die Nenni-Sozialisten auf Harold Wilson, dem für Großbritannien die Verwirklichung eines ähnlichen Paktes vorschwebt. Sie geben auch zu bedenken, daß angesichts der bereits zur Tradition gewordenen Schwäche der italienischen Regierungen allein die Arbeitnehmerverbände in der Lage sind, dem

Confindustria-Arbeitgeberverband und all deq Ricconi (den Reichen), die sich über Kapitalflucht, Währungsgeschäfte und Teuerungsspekulationen aller Art seit dem Februar

1973 schamlos bereichert haben, wirksam und mehr als mit bloßen Lippenbekenntnissen die Stirne zu bieten. D}e Sozialdemokraten, die hierzulande als amerikahörig verschrien sind, weisen hingegen auf die Bedeutung der KPI hin, die über ihre CGIL-Gewenkschaft, die größte des Landes, die Arbeitnehmerverbände samt und sonders und auch einen Großteil der unterschriebenen Arbeitnehmer im Griff hätten. Tanassis Sozialdemokraten schlagen den linkssozialistischen Vorschlag eines „Sozialpaktes unter Ebenbürtigen” in den Wind und möchten über Neuwahlen ‘iu einer soliden Zentrumsregierung mit Christdemokraten, Liberalen und Republikanern gelangen.

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