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Klare Konturen ohne Rezepte
Schon bei den früheren Programmgestaltungen hat die FPÖ versucht, über die Tagespolitik hinaus Zukunftsfragen deutlich zu machen.
Ein Beispiel: Das 1968 in Bad Ischl beschlossene und derzeit noch gültige Programm erklärt die „Raum- und Lebensordnung" (den Ausdruck „Umweltschutz" gab es damals in der politischen
Terminologie noch nicht) zur vorrangigen politischen Aufgabe: „Die Erhaltung des Waldes, die Reinheit von Wasser und Luft sowie die Lärmbekämpfung sind Lebensfragen für alle kommenden Generationen."
Wenn dieses Programm auch solche Pionierleistungen erbrachte, im gesamten blieb es doch in herkömmlicher Weise eine Aneinanderreihung von Thesen.
Das neue Programm sollte demgegenüber ein Gedankengebäude werden, in dem, aufbauend auf einem klaren Fundament, Zukunftsfragen ebenso wie wesentliche Fragen der aktuellen Politik behandelt werden sollen.
Gerade heute, da die FPÖ in eine neue Phase ihrer Politik eingetreten ist, wo sie den Beweis zu erbringen hat, daß sie eine gestaltende Kraft ist, müssen die Erwartungen, die in das neue Programm gesetzt werden, hoch geschraubt werden, wohl wissend, daß letztlich die tatsächliche Politik darüber entscheiden wird, welche Anziehungskraft die dritte Kraft Österreichs zu entwickeln vermag.
• Das Fundament: Der Begriff der Freiheit muß der Ausgangspunkt sein. Freiheit als Entfal-tungs-, als Entwicklungsmöglichkeit, als Selbstbestimmung.
Die Freiheit, auf den einzelnen bezogen, stellt die liberale Komponente dar, Freiheit auf die Gemeinschaft des Volkes bezogen, die nationale Komponente; wobei die Zugehörigkeit des vorbehaltlos bejahten Österreich zur deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft eine ebenso bejahte historische, ethnische und kulturelle Tatsache ist. Diese national-liberale Synthese bildet das unbestrittene Fundament.
• Die Zukunftsfragen: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollten neben dem Umweltschutz die Fragen der Friedenssicherung, der europäischen Einigung und der sozialen und wirtschaftlichen Revolution, die durch die neuen Technologien im Computer-Zeitalter in Gang gebracht wurde, im Vordergrund stehen.
• Fragen der aktuellen Politik: Das Programm soll kein Rezeptbuch für den tagespolitischen Gebrauch werden. Es soll aber doch die Auswirkung und Anwendung des Fundaments, den Vorrang der Zukunftsfragen in den einzelnen Lebensbereichen darstellen. Es soll zum Kompaß werden.
Und was soll die breite und gründliche Programm-Diskussion noch bringen? Sie wird sicher vor allem in den Fragen der „Nutzanwendung" wertvolle Vorschläge bringen.
Sie soll aber in erster Linie das Programm fest im Bewußtsein verankern, denn es soll ständiger Bestandteil der Politik und ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit werden. Nur dann erfüllt ein Programm seinen Zweck, wenn es der Arbeit der Partei deutliche Konturen gibt, ihr „Image" bildet.
Hier wurde in der Vergangenheit sicher vieles versäumt. Nochmals ein Rückblick auf das eingangs erwähnte Bad Ischler Programm: Die politische Pionierleistung, die mit der Erklärung des Umweltschutzes zur politischen Aufgabe erbracht wurde, ist lange nicht in das Bewußtsein der Wählerschaft, ja auch der Partei gedrungen. Heute, nach 16 Jahren, ist dieser Gedanke Allgemeingut geworden.
Die FPÖ hat, davon bin ich fest überzeugt, die geistige Potenz, die Probleme zu erkennen, Wege zu ihrer Meisterung aufzuzeigen oder zumindest ihre Richtung anzudeuten.
Wenn sie dazu die Fähigkeit entwickelt, durch diese zukunftsorientierte, nicht in Einzelproblemen verhaftete Sicht die Menschen zu motivieren, wird sie als national-freiheitliches Lager ihren Platz in der politischen Landschaft Österreichs ausbauen und festigen können.
Der Autor war FPO-Abgeordneter zum Nationalrat und von 1959 bis 1973 Landespar-teiobmann in Tirol.
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