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Rettet Dahab den Sudan?

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Im Sudan hat die neue Führung nach der Entmachtung von Präsident Numeiri als dessen Erbe scheinbar unlösbare Probleme zu bewältigen.

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Im Sudan hat die neue Führung nach der Entmachtung von Präsident Numeiri als dessen Erbe scheinbar unlösbare Probleme zu bewältigen.

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Der Umsturz von Khartum lag schon lange in der Luft. Staatschef Numeiri hatte in seiner 16jährigen Herrschaft in jeder Hinsicht abgewirtschaftet. Er war zwar ein Meister im physischen und politischen Uberleben von 22 Staatsstreichen. Die Folgen seines Regimes bedrohen aber jetzt Millionen Sudanesen und äthiopische Flüchtlinge im Sudan mit dem Hungertod.

Der 1930 in Khartums Schwesterstadt Omdurman geborene Berufsoffizier hatte allzu lange einfach von den Früchten seiner Verdienste als Befrieder des Sudan nach 15 Jahren Bürgerkrieg im Süden gezehrt. Dieses Abkommen von Addis Abeba aus dem Jahre 1972 mit der vorwiegend christlichen schwarz-afrikanischen Minderheit wurde aber von Numeiri selbst zunehmend untergraben: mit seiner zentralisti-schen Präsidialdiktatur, seiner Re-Islamisierungspolitik und mit wirtschaftlicher Ausbeutung der drei Äquatorialprovinzen zugunsten des arabisch-islamischen Nordens.

Hungernde Demonstranten in Khartum hatten schon seit Wochen den Ruf „Weg mit dem Verrückten” erhoben. Zum Unterschied von den früheren, mißlungenen Verschwörungen ist dieser 23. Staatsstreich gegen Numeiri hauptsächlich dank dem von langer Hand vorbereiteten Zusammenspiel von Militärs und Politikern mit einer breiten Basis bei den Gewerkschaften und sonstigen Berufsvertretungen gelungen.

Der neue sudanesische Staatschef, General Sewar al-Dahab, ist kein einsamer Machthaber mehr, sondern repräsentiert eine kollegiale Führung von 15 Offizieren. Dazu ist inzwischen noch ein Expertenrat aus Zivilpolitikern und Wirtschaftsfachleuten gekommen.

Spätestens nach einem Jahr wollen die Militärs überhaupt einer Zivilregierung Platz machen, die Neuwahlen durchführen soll.

Vorher müssen aber wenigstens die schlimmsten Nöte des Sudan in den Griff gebracht werden.

Hier kommt an erster Stelle der frische Aufstand im Süden. Die neue Führung hat bereits eine Revision der von Numeiri in den letzten beiden Jahren erlassenen islamischen Strafgesetze angekündigt. Außerdem will al-Dahab jetzt die in Addis Abeba vereinbarte Regionalautonomie für den gesamten Süden wiederherstellen.

Seine zivilen Mitarbeiter bemühen sich außerdem um eine generelle Uberbrückung des arabisch-schwarzafrikanischen Gegensatzes im Sudan. Ihre „Nationale Sammlung” will allen Sudanesen in einem säkularen, übernationalen und demokratischen Staat Von morgen ihre Heimat geben.

Ein ähnliches Programm wird von der wichtigsten Fraktion unter den südsudanesischen Aufständischen vertreten, der „Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung” (SPLM). Ihr militärischer Arm unter dem ehemaligen Regierungsoberst John Gorang hat sofort den Umschwung in Khartum mit einer siebentägigen Waffenruhe begrüßt. Hinter den Kulissen finden bereits intensive Geheimverhandlungen zwischen dem neuen Militärrat und den Rebellen statt.

Die Befriedung des Südens ist der Schlüssel zu allen anderen Problemen, vor allem für eine Bewältigung der katastrophalen Wirtschaftslage. Der Bürgerkrieg im Busch kostet den ohnedies schon fast bankrotten Sudan Tag für Tag an die 30 Millionen Schilling. Dazu liegen die beiden einzigen wirtschaftlich zukunftsträchtigen Großprojekte in der unmittelbaren Kampfzone: der Dschongo-li-Kanal zur Entwässerung der Sümpfe an den Quellflüssen des Weißen Nil und die vielversprechenden, aber mit der südlichen Hauptstadt Juba abgeschnittenen Erdölvorkommen des Sudan.

Mit den klassischen wirtschaftlichen Heilmitteln einer strikten Haushaltspolitik, Steigerung der Exporte und verminderten Einfuhren allein ist das Land nicht zu sanieren. Voraussetzung für die von Saudi-Arabien und den USA General Dahab bereits in Aussicht gestellte Hilfe sind ebenfalls innerer Frieden und Stabilität.

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