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Demnächst: Der 21. Putsch

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Im Sudan herrscht nach dem jüngsten Putschversuch gegen das Militärregime des Generals Dschaafar en-Numeiri wachsende Unsicherheit.

Fünfzehntausend ägyptische Soldaten bewahren den Diktator zwar gegenwärtig vor einem neuen Angriff seiner immer zahlreicher werdenden Gegner. Doch die Anwesenheit der Ägypter stößt auf die Abneigung breiter Bevölkerungskreise. Sie wollen keine fremde Besatzungsmacht in ihrem Lande. Ein Abzug der Ägypter brächte en-Numeiri aber sogleich wieder in Gefahr. (Sein Regime überdauert bis jetzt zwanzig, davon drei ernstzunehmende Staatsstreichversuche.)

Loyale Armee-'Einheiten und Polizeitruppen machen in Khartum, Om-durman und im übrigen Land noch immer Jagd auf Anhänger der Putschisten. Die Hinrichtungen (bisher sollen nach amtlichen Angaben hundertneun Personen nach kurzen Militärgerichtsverfahren standrechtlich erschossen worden sein) wurden unterbrochen, die Sondergerichte fällen jedoch pausenlos weitere Todesurteile.

Der Regierung zufolge verbanden sich bei dem zuletzt gescheiterten Umsturzversuch links- und rechtsgerichtete Kräfte gegen das „Regime der Mitte“. En-Numeiri gebührt zwar das Verdienst, den jahrelangen blutigen Bürgerkrieg gegen die vorwiegend christliche Bevölkerung des Südsudans durch einen Kompromißfrieden beendet zu haben. Dadurch zog er jedoch den Haß islamischer Eiferer unter den nördlichen Araberstämmen auf sich. In letzter Zeit hört man zudem wieder von zunehmender Unruhe unter der Negerbevölkerung. En-Numeiris Blutbad unter den Anhängern der kommunistischen Partei kostete ihn dann auch das Wohlwollen der Linken und der Sowjetunion. Von Libyen aus agitiert außerdem der dort

im Exil lebende mächtige religiöse und politische Führer es-Saijjid el-Machdi gegen ihn. Die Idee einer „Einheit des Niltales“, also der „Wie-

dervereinigung“ mit Ägypten, stößt auch bei den sudanischen Moslems auf starke Vorbehalte. Würde man diese dennoch verwirklichen, müßte das größte Land Afrikas auseinanderbrechen. Die christlichen Negerstämme im Süden haben einen scharfen Blick für die anhaltende Benachteiligung der christlichen Kopten im unteren Niltal und würden sich niemals mit einer ägyptischen Vorherrschaft abfinden.

Ägyptens Präsident Mohammed Anwar es-Sadat hat sich zwar auf eine vorbehaltlose Unterstützung en-Numeiris festgelegt. Er braucht nichts weniger als Unruhe an seiner Südflanke. Bei einem Sturz en-Nu-meiris müßte er befürchten, daß von Libyen gesteuerte Kräfte im Sudan an die Macht kämen. Das Militärregime in Khartum kann aber nur überleben, wenn es rasche finanzielle Hilfe von den konservativen arabischen ölstaaten erhält. Diese zögern jedoch. Sie fragen sich, ob es sinnvoll ist, Millionen in ein Regime auf Abruf zu pumpen.

En-Numeiri verschaffte dem Sudan zwar eine siebenjährige innenpolitische Stabilität, die ihm trotz der erwähnten zwanzig Putschversuche zu einer Oase der Ruhe in einer unruhigen Umwelt machte. Die Stabilität wurde jedoch nur um den Preis einer physischen Ausrottung jeglichen Widerstandes gegen die Militärdiktatur erreicht. Außerdem blieb jeglicher wirtschaftliche und soziale Fortschritt aus. Die Bevölkerung wächst, sie leidet immer mehr unter sinkendem Lebensstandard und wachsenden Mangeierscheinungen. Kann Numeiri diesen Zustand nicht schnellstens ändern, ist der nächste Putsch nur edne Frage der Zeit.

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