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Vergebliche Mühe

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Reges Kommen und Gehen am spartanisch einfachen, direkt am Hafen gelegenen Amtssitz des ßnnischen Staatspräsidenten Kekkonen: Die Regierungsumbildung ist abgeschlossen, aber von der nächsten wird bereits gesprochen.

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Reges Kommen und Gehen am spartanisch einfachen, direkt am Hafen gelegenen Amtssitz des ßnnischen Staatspräsidenten Kekkonen: Die Regierungsumbildung ist abgeschlossen, aber von der nächsten wird bereits gesprochen.

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Nach fast fünf Jahren Volksfrontregierung stehen Finnlands zusammenarbeitswillige Zentrumspolitiker und Sozialdemokraten genau dort, wo sie 1966 begonnen haben: Zentrum, die beiden kleinen liberalen Parteien und Sozialdemokraten bilden eine Regierung mit einer knappen Mehrheit im Parlament, die beiden großen Parteien am rechten und linken Flügel stehen außerhalb und warten auf Gelegenheit, sich mit einer Flut von Vorwürfen auf die Regierungsparteien zu stürzen. Wenige Tage nach Bildung der neuen Regierung wird schon wieder deren provisorischer Charakter betont und jede Möglichkeit einer neuerlichen Umbildung oder gar einer Neuwahl offengelassen.

Es ist allerdings schwer einzusehen, wozu eine Neuwahl gut sein sollte. Sozialdemokraten und Zentrumspartei dürften ihre Position halten, wahrscheinlich noch verstärken, mit Hilfe der beiden liberalen Parteien ließe sich auch eine Regierung zustande bringen. Doch viel schwerer fällt ins Gewicht, daß Finnlands Volksdemokraten, in deren Verband die KP die Hauptmacht darstellt, nicht jenes Minimum an Kompromißbereitschaft gezeigt haben, ohne das eine aus fünf Parteien bestehende Koalition nicht lebensfähig ist. Innerhalb der KP ist der radikale stalinistische Flügel so aktiv und aggressiv geworden, daß die gemäßigteren Elemente, die sich um den Parteivorsitzenden Aarne Saarinen scharen, dem Druck unterlagen und wegen einer wenig bedeutenden

Preisfrage sich selbst aus der Regierung hinauswählten.

Die letzte finnische Regierungskrise dokumentierte, so gesehen, nicht nur eine Niederlage Kekkonens und Kar- jalainens, die sich so stark um die Mitarbeit der KP bemüht hatten, sondern auch eine Niederlage der „Revisionisten” in der KP.

Es war nicht zuletzt Aarne Saarinen, der sich bemühte, die FKP aus ihrer jahrzehntelangen Isolierung heraus und an die bestimmenden Funktionen im Staat heranzuführen. Mitte der sechziger Jahre waren innerhalb der FKP deutliche Liberalisierungstendenzen sichtbar geworden: Doktor Alenius, ein gemäßigter Volks- sozialist, war Generalsekretär im Volksdemokratischen Verband geworden, 1966 wurde der ebenfalls ge-

mäßigte Saarinen Erster Vorsitzender der FKP. Gleichzeitig erklärte Präsident Kekkonen, nun müsse die große FKP endlich in die Gesellschaft integriert werden. Nach fast 20 Jahren der Isolierung kam sie so wieder in die Regierung.

Von inneren Gegensätzen zerrissen, steht sie nun wieder außerhalb. Die Frontbildunig gegenüber den Sozialdemokraten ist abermals härter geworden. Dabei wissen die meisten führenden Kommunisten, daß die Zeit gegen ihre Partei arbeitet und daß sie nur in Zusammenarbeit mit den anderen demokratischen Kräften auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung Finnlands werden Einfluß nehmen können. Auch die soziale Struktur Finnlands ändert sich in einem immer rascheren Tempo, und die immer noch fortschreitende Auswanderung arbeitsloser Wald- und Industriearbeiter nach Schweden läßt das Wählerreservoir der KP rasch zu- sammenschmelzen.

Da es schwerfällt, an eine revolutionäre Entwicklung in Finnland zu glauben, ist nicht auszuschließen, daß es doch wieder zu einem Versuch kommt, die jetzige Vierer- in eine Fünferkoalition umzuwandeln. Der magere Erfolg des langen Metall- arbeiterstreiks ist kein Ruhmesblatt für die KP, und sogar die Stalinisten um Aaltonen in der FKP können nicht glücklich darüber sein, daß nun ihre drei Ministerposten im Kabinett Karjalainen von Sozialdemokraten besetzt worden sind, darunter sogar die so begehrenswerten Posten des Justiz- und des Industrieministers.

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