Prag

Krieg in der Ukraine: Tschechiens Solidarität

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Vieles deutete zu Beginn des Winters darauf hin, dass in Tschechien die Solidarität mit der Ukraine angesichts der gestiegenen Heizkosten zu bröckeln beginnt. Ein Trugschluss.

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Vieles deutete zu Beginn des Winters darauf hin, dass in Tschechien die Solidarität mit der Ukraine angesichts der gestiegenen Heizkosten zu bröckeln beginnt. Ein Trugschluss.

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Lange galt Tschechien als Wackelkandidat im EU-Osten: nicht so kritisch gegenüber Russland wie Polen und die Balten, aber auch nicht so Moskau-freundlich wie Orbáns Ungarn. Mit dem Beginn der kalten Jahreszeit und prorussischen Protesten gegen hohe Energiepreise sah es zunächst so aus, als könnte Prag auf den Kurs Budapests einschwenken. Doch die deutlich größeren Solidaritätsdemonstrationen für die Ukraine sprechen eine andere Sprache. Sie stehen dafür, dass Tschechien sich klar nach Westen orientiert hat. Das Land hat mehr als 400.000 Vertriebene aufgenommen und zählt zu den wichtigsten Waffenlieferanten Kiews.

Zustimmung erfährt dieser Zugang mit Slogans wie „Tschechien gegen die Angst“, was sich so manche Gruppierung auf die Fahnen geschrieben hat. Ein Konterpart zu jenen Demonstranten, die unter dem Banner „Tschechien zuerst“ gegen steigende Energiepreise marschieren. Viele von ihnen wettern dabei gegen die EU und die NATO und gegen die Ukraine-freundliche Regierung von Premierminister Petr Fiala. Von Letzterer fordern sie eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und ein Zurückfahren der Militärhilfe für die Ukraine.

Vorahnung und Propaganda

Von „russischer Propaganda und Desinformation“ und davon, dass einige dem einfach „erliegen“, sprach Regierungschef Fiala, als im September etwa 70.000 Menschen durch die Straßen Prags zogen. Der Protest erregte Aufmerksamkeit über die Grenzen Tschechiens hinaus. In Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten sorgten sich Beobachter, dass der Unmut über steigende Heizkosten in den Wintermonaten europaweit zunehmen könnte – und Tschechien, das lange in besonderem Maß auf russische Rohstofflieferungen gesetzt hatte, eine Vorahnung darauf gibt. Viele stellten sich die Frage, ob die tschechische Regierung unter dem Druck des Protests nicht vielleicht sogar ihre proukrainische Politik zurückfahren könnte. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Auch die prorussische Stimmung scheint lediglich ein kurzes Aufflackern gewesen zu sein. Über die Monate Oktober und November ist die Zahl der Demonstranten drastisch zurückgegangen; die Gegenproteste sind deutlich größer.

Das Bild, das im Ausland entstanden ist, dass Tschechien in Sachen Sanktionen und Ukraine-Hilfe kippen könnte, sei grundfalsch. So sieht es Hana Strasakova: „Es gibt aber prorussische Gruppen in Tschechien, die die Angst der Menschen ausnutzen. Eine berechtigte Sorge wird in einen prorussischen Protest umgemünzt“, erklärt die 24-Jährige im Gespräch mit der FURCHE. Strasakova ist Mitglied von „Eine Million Momente für die Demokratie“, der Gruppe hinter den pro-ukrainischen Demonstrationen.

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