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Signal von Schmitz

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Dieser Tage verfügte der Generalrat der österreichischen Nationalbank eine Erhöhung des Diskontsatzes um ein Viertel auf 5 Prozent und ein für Februarbeginn vorgesehenes Inkasso von 1,5 Milliarden Kassenscheine-Schilling beim Bankenapparat.

Nimmt man Finanzminister Korens Budget für das Jahr 1970 als das,

was es tatsächlich ist, zyklisch in dem Sinn, als es geeignet ist, den Marsch in den konjunkturellen Boom zu beschleunigen, dann hat der Generalrat der Nationalbank die geldpolitische Konjunkturbremse möglicherweise zu kurz angezogen. Man wird hier einwenden, daß die Nationalbank ohnedies bald nach Bekanntgabe des Budgets im Oktober 1969 geldpolitische Restriktionsmaßnahmen setzte. Damals verfügte die Nationalbank eine Erhöhung der Mindestreserven und der Lombardsätze um 1 Prozent. Aber daß diesem zweiten Schritt — im September 1969 wurde der Diskontsatz um 1 Prozent erhöht — nun ein weiterer,

ein größerer zu folgen gehabt hätte, zeigt nicht zuletzt die für das Jahr 1970 im Vergleich zum Vorjahr fast doppelt so hoch prognostizierte Zuwachsrate des privaten Konsums. In der aktuellen Phase des Konjunkturzyklus bildet eine relativ starke Zunahme der privaten Nachfrage den direkten Pfad zum konjunkturellen Höhepunkt. Dies ist jedenfalls der Normalfall. In Österreich hätte man sich diesen Effekt angesichts der besseren Exportchancen infolge Nichtaufwertung des Schillings aber genausogut auch vom Außenhandelssektor erwarten dürfen. Hier freilich erwartet das Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Prognose für das Jahr 1970 bloß einen Zuwachs von 11,5 Prozent, also um ein Drittel weniger als die Zuwachsrate des vergangenen Jahres betrug.

In diesem Zusammenhang scheint eine These vertretbar: Der österreichische Konjunkturverlauf ist in dem Sinn „normal“, daß er in der aktuellen Phase von einer starken Zunahme der privaten Nachfrage getragen wird, aber in dem Sinn nicht völlig „normal“, daß die Nichtaufwertung des Schillings die österreichischen Exporte nur beschränkt stimulierte.

Wenn die österreichische Nationalbank, vom Gesetzgeber zum Gralshüter eines harten Schillings bestimmt, ihren konjunkturpolitischen Aufgaben gerecht bleibt, wird sie sich nicht der Notwendigkeit entziehen können, eine restriktive Geldpolitik zur Dämpfung der privaten Nachfrage zu machen. Dabei scheint der Einsatz von Offen-Markt- und Mindestreservenpolitik vielleicht noch sinnvoller als Diskontpolitik. Mittels der beiden ersten Instrumente läßt sich die Geldmenge rasch und wirkungsvoll reduzieren. Kreditverteuerung als Folge einer Diskonterhöhung würde zur Zeit eher den Preisauftrieb verstärken als die Konjunktur stabilisieren.

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