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Um Entlastung wird gebeten!

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Wenn Österreich in den Jahren seit 1953 alle Währungskrisen so gut überstanden hat, so war das nicht zuletzt die Folge des engen Zusammenwirkens von Nationalbank, Kre-äitapparat und Bundesregierung. Dieses enge Zusammenwirken war in den ersten drei Jahren der Regi-nmg Kreisky argen Belastungen ausgesetzt, nun ■— ein halbes Jahr nach der Abberufung von Präsident Wolfgang Schmitz — ist es aber ernsthaft gefährdet.

Anfang Februar 1973 erfolgte an der Spitze der Nationalbank ein parteipolitisch motivierter Führungswechsel und in der Folgezeit Maßnahmen, die allesamt darauf hinzielten, von der im Notemfoankgesetz verankerten Unabhängigkeit der Zentralbank unseres Landes abzugehen. Diese Maßnahmen waren u. a.:

• Bei der jüngsten Aufwertung des Schillings wurde der Generalrat erst gar nicht mehr eingeschaltet;

• die Nationalbank „empfahl“ den Geschäftsbanken, sich bei der Kreditvergabe an Auslesekriterien zu halten, die vom Fmanaministerium mehr oder weniger diktiert wurden

• ganz offensichtlich toleriert die Nationalbank die Absicht der Bundesregierung, sich eine Müliarde Schilling in Devisen für Zwecke der

Entwicklungshilfe auszuborgen, wiewohl im Notenbankgesetz ein Verbot der Kreditgewährung an Bund, Länder und Gemeinden verankert ist.

Diese Maßnahmen stellen klar, daß seitens der Bundesregierung längst nicht mehr daran gedacht ist, die Autonomie der Nationalbank zu wahren und zu stützen, sondern daß eine regierungsabhängige National-bank als wirtschaftspolitisches Instrument des Finanzministers eingesetzt wird. In der „Arbeiter-Zeitung“ schrieb das Helmut Home am 14. Juli auch ziemlich unverblümt: „Die sogenannte Selbständigkeit der Notenbank in der Entscheidung währungspolitischer Agenden ist heute nirgendwo mehr eine absolute ... Die Frage stellt sich natürlich, ob ein De-facto-Zustand aus rechtspolitischen Gründen nicht auch de-jure verankert werden soll.“

Nun hat Finanzminister Androsch aus vielen Gründen durchaus recht gehabt, als er im November 1972 die Autonomie der Nationalbank als Grundvoraussetzung für eine gesunde Finanz- und Geldwirtschaft bezeichnet hat. So sind beispielsweise in der „Gefälligkeitsdemokratie“ die Forderungen der Interessenten an

Jen Staatshaushalt so stark, daß sehr leicht der Ausweg in Kreditaufnahme und Geldschöpfung gewählt wird, wenn die für die Finanzpolitik zuständige Stelle auch geldpolitische Instrumente zur Verfügung hat. In Konflikten zwischen Finanz-iind Geldpolitik ist die Öffentlichkeit eher für die Politik der Notenbank mobilisierbar, sofern die Notenbank auch tatsächlich unabhängig ist. Auch eine unabhängige Notenbank setzt dem Handlungsspielraum einer Bundesregierung keine absolute Schranke, so daß jeder Konflikt zwischen Notenbank und Regierung — wie in Österreich — letzten Endes im Sinne der parlamentarischen Mehrheit entschieden werden kann.

Die jedenfalls seit einem halben Jahr feststellbare De-facto-Abhän-gigkeit der österreichischen Nationalbank von der Bundesregierung hat in eben diesem Zeitraum zu einer völligen Vernachlässigung des außenwirtschaftlichen Ziels einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz geführt.

Die Folge davon sind Krisen der Export- und der Fremdenverkehrswirtschaft. Zudem hat die (aus, wie vom Finanzministerium immer wieder behauptet wird, stab&tät^ojlti-schen Gründen) vorgenommene Aufwertung des Schillings kaum preisdämpfende Effekte bewirkt. Denn bei den Importeuren macht sich ein allgemeiner Trend zu Schillingfaktu-rieruihg bemerkbar, der selbst im Bereich der Investitionsgüterfinanzie-rung zum Durchbruch gekommen ist. Auf diese Weise kommt der hohe Schillingkurs eher den Lieferanten in jenen Ländern zugute, deren Währung nicht aufgewertet wurde oder sogar eine fallende Tendenz aufweist.

Die Krisen der Exportwirtschaft und des Fremdenverkehrs und die steigenden Inflationsraten sind Folgen einer tiefgreifenden Krise der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Längst zählt das Argument, an den Negativa der österreichischen Wirtschaftsentwicklung seien andere Staaten schuld, wenig oder nichts. Immer stärker drängt sich die Forde-runig nach einer weitgehenden Entlastung des Finanzministers von wirtschaftspolitischen Agenden auf. Es hat sich als arger Nachteil erwiesen, daß Finanzminister Androsch so stark in währungspolitischen Fragen engagiert ist.

Es sollte zumindest der Sozial- und Wirtschaftsbeirat wieder aktiviert werden — und die Unabhängigkeit der Notenbank wieder sichergestellt werden.

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