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Der Schilling als geschätzte Währung

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Am Freitag, dem 27. Juni, wurde die Novelle zum Nationalbankgasetz vom österreichischen Nationalrat verabschiedet. Entgegen manchen Erwartungen ist sie doch eine „größere“ Novelle geworden. Die derzeit gültige Rechtsgrundlage der österreichischen Nationalbank wurde in der Zeit gelegt, in der Österreich durch die beiden Großparteien gemeinsam regiert wurde. Nach vierzehnjähriger unveränderter Geltung wurde nunmehr ein zweiter Schritt zum Ausbau des Instrumentariums der österreichischen Nationallbank von einer monocoloren Regierung beantragt und — fast möchte man sagen: dennoch — vom Parlament einstimmig angenommen. Das ist nicht selbstverständlich und zeigt, daß die österreichische Währungspolitik über wette Strecken nach wie vor parteipolitisch nicht kontrovers ist. Die starke Position des Schillings ist nicht zuletzt auch diesem Umstand zuzuschreiben. Die Gemeinsamkeit der österreichischen Währungspolitik wurde von keiner Seite aufs Spiel gesetzt. Zu offensichtlich wissen es alle Beteiligten au schätzen, daß es noch politische Bereiche gibt — auch die Währungs-politik ist „Politik“ —, die parteipolitischen Gesichtspunkten nicht unterworfen sind.

Ebenfalls ndcht selbstverständlich ist die gute Kooperation der unabhängigen Notenbank mit der Bundesregierung, und nicht selbstverständlich ist, daß es dieser gelungen ist, die Konjunkturentwicklung erfolgreich zu steuern* Noch weniger ist die gute Zusammenarbeit unter den Sozialpartnern — eine weitere sehr wesentliche Voraussetzung für die Erfolge der österreichischen Währungspolitik — eine Selbstverständlichkeit. Welche Bedeutung der soziale Friede für die Güte einer Währung hat, beweist gerade das Schicksal jener Währungen, die in den letzten Jahren in Schwierigkeiten geraten sind.

Die Erfolge der österreichischen Währungspolitik sind nicht ausgeblieben! gerade in den letzten Jahren hat der Schilling erneut bewiesen, daß er heute zu den härtesten Währunigen zählt, wie die österreichische Nationalibatik zu den verläßlichsten Partnern in der internationalen Kooperation der Währungsbehörden.

Das bestehende System der inter-naltionailen Währungsordnumg beruht auf dem Prinzip der Zusammenarbeit und gegenseitigen Finanzhilfe. Diese kann im ausreichenden Maße nur mit Unterstützung der Notenbanken gewährt werden. Die öster-

reichische Nationalbank war nicht nur stets Gläubiger des Internationalen Währungsfonds, ihre Quote wurde zur Stützung gefährdeter Währungen sogar au mehr als 90 Prozent in Anspruch genommen. Auch an zahlreichen Beistands- und Kreditaktionen der westlichen Notenbanken hat sie teilgenommen. Durch die Novelle wird es der österreichischen Nationalbank nunmehr möglich sein, sich auch an längerfristigen Kreditaktionen zu beteiligen, die die internationale Zusammenarbeit auf währungs- oder kreditpolitischem Gebiet zum Ziele haben. Die bisher kurzfristige Mitarbeit der österreichischen Notenbank am „Basler Arrangement“ zum Ausgleich von Fluktuationen der Sterling-Guthaben von Ländern der Sterling-Zone bei der Bank of England z. B. wird damit definitiv. Das Schicksal der Revision des Nationalbankgesetzes in einem Nachbarland zeigt, daß es keineswegs selbstverständlich ist, daß eine Notenbank mit den Instrumenten ausgestattet wird, um die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben ersucht. Das neue Gesetz bereichert und verstärkt das Instrumentarium zur Erhaltung der Kaufkraft unserer Währung. Insbesondere für die Offenmarktpolitik zur Steuerung des Geldvolumens eröffnet die Novelle neue Möglichkeiten: durch die Ausgabe von Kassenscheinen wird die Notenbank in Zeiten großer Liqüi-didät von sich aus solche Wertpapiere auf den Markt bringen und damit Umlaufmittel abschöpfen können, ohne darauf angewiesen zu sein, vorerst Offenimarkttitres anderer Emittenten angekauft zu haben. Die Mindestednlagenbestirnmungen wurden präzisiert und erweitert. Mit der Kombination von Mimdesteinlagen-vorscbriften und Kassenscheinemis-sionen wird im Falle notwendiger schärferer Eingriffe der Notenbank in den Konjunkturverlauf auf die Ertragslage der österreichischen Kreditinstitute Rücksicht genommen werden können.

Mit der Beseitigung der Möglichkeit für Unternehmungen, die nicht Banken sind, sich im Wege des Dlrekt-eskonts und des Direktlombards unmittelbar bei der Notenbank mit Geld zu versorgen, wird ein Überrest beseitigt, der an die Zeit der „Privilegierten österreichischen Nationalbank“ erinnert. Damit wird die währungspolrtiscbe Stellung der heutigen österreichischen Nationalbank als Bank der Banken weiter gefestigt.

Mit dieser Novelle, die sich die Erfahrungen aus den Währungskrisen der jüngsten Zeit zunutze gemacht hat, befindet sich die österreichische Natdonallbank in der Gruppe der für alle denkbaren Währungssituationen bestmöglich gerüsteten Zentralbanken. Solange sich das instrumentelle Rüstzeug mit der Gesinnung paart, wie sie durch die Beschlußfassung der Nationalbankgesetznoveile zum Ausdruck kam, wird unser Schilling die starke, international geschätzte Währung bleiben. Gerade in den Monaten verschärfter innenpolitischer Ausemandersetzungen sollten alle Verantwortlichen erkennen, daß die Voraussetzungen für eine erfolgreiche österreichische Währungspolitik, um die wir vielerorts mit Recht beneidet werden, nicht selbstverständlich sind, sondern täglich neu geschaffen werden müssen!

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