Erfolg durch Edutainment

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Was ist neu am Online- lernen? Wieviel kostet es Schulen, up to date zu sein? Der Grazer E-Learning-Experte Manfred Brandner antwortet im furche-Gespräch.

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Was ist neu am Online- lernen? Wieviel kostet es Schulen, up to date zu sein? Der Grazer E-Learning-Experte Manfred Brandner antwortet im furche-Gespräch.

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die furche: Was zeichnet E-Learning im Vergleich zu konventionellen Lernmethoden aus?

Manfred Brandner: Die Möglichkeit von "Learning on demand": Wissen auf Abruf ersetzt also Wissen auf Vorrat; die Möglichkeit, wann wo und was Sie wollen zu konsumieren: ortsunabhängig, zeitunabhängigund inhaltsunabhängig. Und das ganze mit einem wesentlichen Faktor, damit das ganze Erfolg hat: Spaß. Wir sprechen von einer Mischung aus En-tertainment und Education - also Edutainment. Internet-Lernen ist eben Lernen mit Spaß.

die furche: Manche erwarten auf dem E-Learning-Markt Zuwächse von 90 Prozent pro Jahr. Teilen Sie diese Einschätzung?

Brandner: Die E-Learning-Kurve steigt nicht wie beim E-Commerce sprunghaft, sondern vorerst nur langsam an. Eine Trendwende wird erst für das Jahr 2002/03 erwartet. Schätzungen gehen dann aber von Umsatzzahlen in der Höhe von 50 Milliarden Dollar weltweit aus. Die Schwerpunkte beim E-Learning werden sicher bei den Update-Schulungen im Bereich Informationstechnologie liegen. Auch in Firmen wird es als Begleitmaßnahme immer öfter angeboten werden: Ich sitze auf meinem Arbeitsplatz, habe ein Problem und will prozessintegriert eine Lösung. Da hilft mir die Schulung, die ich vor einem Jahr gemacht habe, nichts. In einem solchen Fall möchte ich in das Internet gehen, suchen und einen Lösungsvorschlag finden.

die furche: Das Online-Kursangebot ist üppig. Gibt es Richtlinien dafür, welche Kurse tatsächlich gut sind?

Brandner: Grundsätzlich gibt es noch nicht sehr viele Standards im Bereich der IT-, Sprach- oder betriebswirtschaftlichen Themen. Man sollte sich daher fragen: Wo gibt es Zertifizierungen danach? Wo habe ich die Möglichkeit, mit meinem erlernten Wissen eine Prüfung zu machen? Wenn ich etwa ein Sprachthema nehme und ich erreiche damit das europäische Sprachenzertifikat, habe ich einen Erfolg. Wenn das Ganze nur auf ein Durcharbeiten hinausläuft, ist es schwer, einen bestimmten Qualitätslevel zu erreichen.

die furche: Sie haben E-Learning als "fixen Bestandteil des Schulwesens der Zukunft" bezeichnet. Welche Bereiche wird es abdecken können?

Brandner: Hier gilt das Gleiche wie für den Wirtschaftsbereich. Der Unterricht wird sich nicht von heute auf morgen verändern. Aber es hat bereits ein Umdenken begonnen. Je höher der Ausbildungsgrad der Schulklasse ist, desto öfter wird E-Learning als integratives Schulelement verwendet, meist in einer Hybridform: Man lernt normal und hat Nachschlagewerke, die man früher in Buchform gehabt hat, entweder im Intranet oder auf CD-ROM direkt verfügbar. Auch der europäische Computerführerschein ist ein ideales Thema für E-Learning an Schulen. In dieser Hinsicht ist Österreich sicher ein Vorreiterland. Deutschland ist lange nicht so weit, und auch sonst in Europa entwickelt sich die "European Computer Driving License" (ECDL) gerade.

die furche: E-Learning verändert die Situation in der Klasse ganz wesentlich. Welche Erfahrungen haben Sie bei Ihren Schulprojekten gemacht?

Brandner: In der EDV-Hauptschule Ferdinandeum in Graz wurde etwa die CD-ROM für den Europäischen Computerführerschein verteilt und die Leute mussten zu diesem Thema arbeiten. Der Lehrer ist in eine neue Rolle geschlüpft und hat nicht mehr als Frontalvortragender gewirkt, sondern als Tutor und Begleiter. Das Interessante dabei war, dass die soziale Kompetenz, die man ja bei E-Learning immer ein wenig in Frage stellt, sehr viel höher geworden ist und jene Leute, die gut waren, die Leute mit Problemen unterstützt haben. Es ist also zu einem Zusammenwachsen der Gruppe gekommen.

die furche: Welche Kosten kommen auf eine Schule zu, die sich im Bereich E-Learning auf den neuesten Stand bringen möchte?

Brandner: Die Schulen müssen sich um zwei Themen kümmern: den Computerführerschein als Standardthema und die Autorenwerkzeuge, um ihre eigenen Ideen umzusetzen. Die Autorenwerkzeuge, so genannte Content Creation Tools, machen es etwa einem Geographielehrer leicht, mit seinem Computer-Anwenderwissen sein geographisches Wissen in einen digitalen Inhalt umzusetzen. Er erzeugt eine CD-ROM oder einen Intranet-Inhalt, indem er sein Wissen in Form von Textdokumenten und Bildern zusammenbastelt und so genannte "Collaboration Tools" wie Chat oder Mail integrieren kann. So wie die Lehrer früher Unterlagen in Form von Büchern oder Skripten geschrieben haben, sollten sie in Zukunft eben auch digitale Lerninhalte erzeugen. In diesem Bereich gibt es sehr günstige Preise für Schullizenzen. Die Verwendung des ECDL in einer Schule kostet pro Jahr 4.900 Schilling, die Verwendung eines so genannten Autorenwerkzeuges 9.800 Schilling jährlich. Damit können alle Lehrer einer Schule unlimitiert diese Autorenwerkzeuge für Schulinhalte nutzen.

die furche: Der Online-Nachhilfemarkt boomt. Wie effizient sind virtuelle Lernhilfen?

Brandner: Die Effizienz wird immer höher werden. Momentan ist noch nicht besonders viel verfügbar. Grundsätzlich hat dieser Markt aber Zukunft, weil die Zielgruppe der Nachhilfe-Bedürftigen sich genau mit jener Schülergruppe deckt, die auch gern mit dem Computer lernt. Zur Zeit ist der Status noch gering, aber das liegt eher an den Anbietern und nicht an den Konsumenten. Wenn man Nachhilfe anbietet, muss man ja für jedes Semester und jedes Thema etwas anbieten, das ist sehr komplex.

die furche: Unter www.learnetix.at finden Österreichische Schüler bereits jetzt ein umfassendes Nachhilfeangebot. Brandner: Das alles ist mir noch zu undynamisch. Wenn man die Schüler halten und fangen möchte - nach dem Motto: Ich möchte, dass du mit unserer Seite lernst - brauche ich zwei Dinge. Erstens muss ich es interessant machen, also eine Kombination anbieten aus Lernen und Spaß. Auf der anderen Seite muss ich auch die Zielgruppe der Eltern abdecken. Nur auf die Zielgruppe der Schüler hinzugehen, ist ein bisschen gefährlich. Denn die Eltern zahlen.

Das Gespräch führte Doris Helmberger Links www.bitmedia.cc Virtuelles Schulungscenter: www.dtc.at

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