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VOM SOZIALISMUS ZUM NEOSOZIALISMUS. Die philosophische Grundlegung der Sozial- und Wirtschaftsordnung im freiheitlichen Sozialismus. Von Albrecht Walz. Paulus- Verlag, Freiburg (Schweiz), broschürt, IV und 258 Seiten; DM 30. — .

Ausgehend von den unverkennbaren Wandlungen des im Wesen nach marxistischen Doktrinen begründeten Sozialismus des 19. Jahrhunderts zu einem Sozialismus neuer Art (Neosozialismus), untersucht der Autor die Selbstaussagen der modernen Sozialisten an Hand ihrer wesentlichen Programme. Vor allem sind die Philosophie (Grundlegung und Gesellschaftsphilosophie) und die deklarierte Ethik sowie der konforme Normenkatalog Gegenstand der Untersuchung und werden besonders am Phänomen der Freiheit geprüft. Schließlich wird die sozialistische „Ortbesbimmung” im Bereich der sozialistischen Wirtschaftsund Sozialpolitik analysiert.

Das Problem der Darstellung wie jeder theoretischen Untersuchung des Sozialismus ist die „Unbestimmtheit des Begriffes” (Seite 9), weil dieser jeweils eigenartige regionale und historische Bedingungen auszuweisen hat. „Ideologie” und Wirklichkeit können sich im Sozialismus kaum decken (ebenso nicht in einer anderen innerweltlichen Heilslehre), weil man in der Theorie immer noch von der Vorstellung des einen Sozialismus ausgeht und nicht erkennen will, daß die Ideen des Sozialismus mit je verschiedenen Wirklichkeiten konfrontiert werden. Gegen die Radikalität der Ideen steht dann oft die „Liberalität der Praxis”.

Das gilt auch für den freiheitlichen Sozialismus etwa in der Formulierung der Godesberger Thesen (1959). Sozialismus, nunmehr als angewandte Ethik interpretiert (W. Eich- ler), heißt Lösung von der ökonomischen Fixierung, von einer Kommerzialisierung des sozialistischen Denkens, das in der liberalen Klassik begründet gewesen ist. Gleichzeitig aber ist der Sozialismus, weil Versuch, an der Wirtschaft orientierte Ethik (allgemeine Verhaltenskategorien) zu praktizieren, an die Gegenstände der Praxis gebunden und (auch) Pragmatismus geworden.

Der Pragmatismus des neuen Sozialismus findet sein Endziel im Wohlfahrtsstaat, der aber wieder nur in seinem Bestand gesichert ist, wenn seine Angehörigen durch das Gemeinsame einer Ethik integriert sind.

Die gründliche Untersuchung, objektiv, jeweils mit Zitaten belegt, verdient angesichts der Diskussion um eine (unvermeidbar gewordene) Neuorientierung des Sozialismus stärkste Beachtung, um so mehr, als der Autor ohne jede vorgefaßte Meinung an das Problem herangeht und weitgehend den Sozialismus sich selbst darstellen läßt.

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