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Raum für innerparteiliche Demokratie
Der Sozialismus bedarf eines realen und nicht nur eines zugestandenen weltanschaulichen Pluralismus, der der innerparteilichen Demokratie genug Raum bieten soll. Auch die „Konservativen“ haben in einem neuen Selbstverständnis sich bereits seit 1918 zu Parteien- von „Juden und Heiden“, von Liberalen und Konservativ-Orthodoxen entwickelt, wenn sie auch eine gemeinsame Verhaltensformel zu finden vermochten, die zum christlichen Sittengesetz zumindest in keinem
Widerspruch steht. Weltanschaulicher Pluralismus im Sozialismus würde aber bedeuten, daß den gläubigen Christen im Sozialismus, deren Zahl offenkundig an der Basis wächst (stärker in der Bundesrepublik als in Österreich), erheblich mehr an Einflußraum eingeräumt wird, als ihnen jetzt zur Verfügung steht. Das bedeutet aber wieder, daß ein christlicher Revisionismus im Sozialismus als legitim akzeptiert und nicht etwa als Spaltungsversuch disqualifiziert wird. Christlicher Revisionismus ist Versuch einer Rückführung der sozialistischen Ideen auf die Ideen des Frühsozialismus. Die Zahl der gläubigen Christen in den obersten Führungsgremien der SPÖ hat in den letzten Jahren nicht zugenommen. Wir wollen es bei dieser Feststellung belassen und damit keineswegs auf den Fall Olah Bezug nehmen, abgesehen davon, daß viele, die jetzt — reichlich spät — im ehemaligen Innenminister auch den gläubigen Christen erkennen wollen, diese Erkenntnis zu anderen Zeiten mehr oder weniger geschickt verborgen hatten.
Die „Krise“ des Sozialismus wird man in Wahlziffern vergebens suchen, man wird sie auch kaum in einer Demonstration erkennen, die zum Teil natürlich ebenso Anzeiger des Fehlens einer für manche zur
Belebung der Szene nun einmal notwendig scheinenden „politischen Gaudi“ sein kann. Wenn man überhaupt von Krise sprechen kann, dann deswegen, weil es dem Sozia-
lismus im Aufwuchs seiner Organisation nicht gelungen ist, seine Ideen an die Realitäten anzupassen und gleichzeitig seine moralischen Re flexionen mit jenen des Sittengesetzes weitgehend abzustimmen: es handelt ich also um eine qualitative Wachstumsstörung. Wenn sich viele — auch viele Christen — jetzt um den Sozialismus „sorgen“, sollten sie ihre Sorgen vor allem auf die Abstimmung von Moral und der Wirklichkeit sozialistischen Denkens und Handelns konzentrieren. Wo sind aber die Priester, wo sind die Christen, die im Sozialismus diese Anpassung fördern helfen? Gerade jetzt, da wir angesichts der Ereignisse in den Entwicklungsländern erkennen, daß sowohl demokratischer Sozialismus als auch christliche Demokratie gewichtige Instrumente einer Realisierung der sozialbelangreichen Teile des Dekaloges in einer profanen Welt, in einer stets weltlich bleibenden Welt sind.
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