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Ein verlegerisches Wagnis

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SCHILLER. Von Friedrich Bursche!!. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1968, 580 Seiten, 25 DM.

Die Literatur über Schiller füllt ganze“Bibliotheken. An' Gesamtdatstellungen erschienen in den letzten Jahren wichtige Werke von Buchwald, Wiese und Staiger, um nur einige zu nennen. Die Veröffentlichung einer neuen Biographie bedeutet also ein verlegerisches Wagnis. Burschell, bekannter Essayist, Journalist und Übersetzer, schrieb vor einem Jahrzehnt eine treffliche kleine Schiller-Biographie für Rowohlts Monographienreihe. Nun hat er sie auf einen stattlichen Band erweitert, der durchaus gelungen ist und eine erfreuliche Bereicherung des Büchermarktes darstellt. Daß sich in unserer Zeit ein solches Buch von Pathetik und falscher Glo-riflzierung freihalten muß, versteht sich von selbst, doch verfällt der Autor auch nicht in den anderen Fehler, zu dem so manche Biographen berühmter Persönlichkeiten heute neigen: die negativen Eigenschaften, die Determiniertheit der Charaktere und das Krankhafte ungebührlich herausstellen. Ohne Schillers Schwächen zu verschweigen, wahrt Burschell die Ehrfurcht, die dem Genius geschuldet wird. Er entwickelt seine Darstellung vor allem aus den Dokumenten, den Briefen des Dichters und Zeugnissen der Zeitgenossen, und setzte sich zum Ziel, Schillers „äußere mit seiner inneren Biographie zu verbinden...“ Er wollte auch das weitverbreitete Vorurteil widerlegen, Schiller sei kein aus der Unmittelbarkeit des Erlebens schöpfender Dichter gewesen. Eindrucksvoll wird gezeigt, wie der Dichter eine wahrhaft heroische Willenskraft aufbot, um trotz Unterdrückung, Entbehrung, vielerlei Widrigkeiten und schwerer körperlicher Leiden sein Werk zu schaffen und sich selbst zu formen. Es ist also doch ein Helden leben im geistigen Sinn, das hier dem Leser in seinen wichtigsten Stationen, denen jeweils ein eigenes Kapitel entspricht, mit farbiger Anschaulichkeit fesselnd erzählt wird. Die Kenntnis der Werke Schillers wird beim Leser vorausgesetzt, doch fehlt es nicht an Zitierungen, vor allem aus den ästhetischen Schriften. Die Beziehungen Schillers zu seinen berühmten Zeitgenossen, besonders Kant und Goethe, sind prägnant dargestellt, und der politische und kulturelle Hintergrund der bewegten Ubergangszeit des 18. Jahrhunderts bleibt stets gegenwärtig. Auf literaturwissenschaftliche Einzelprobleme konnte der Autor in diesem Rahmen natürlich nicht eingehen. Nähere Hinweise gibt eine Bibliographie mit ausgewählter Sekundärliteratur. Burschell vermeidet den trockenen Ton ebenso wie billige Effekthascherei. Sein Buch hat die Voraussetzungen, volkstümlich — im guten Sinn — zu werden.

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