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Zweifelhafte Helden

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Eine letzte, endgültige Station, in der ein Mensch vor eine Wahl gestellt, eine Entscheidung treffen muß, die ein schweres Risiko für ihn bedeutet, ist von echter Dramatik erfüllt. Eine solche Situation hat Herbert Rein ecker (Westfale, Jahrgang 1914) in seinem zweiteiligen Schauspiel „ N a c h t z u g “, das im Theater in der Josefstadt uraufgeführt wurde, zwingend gestaltet. Der nächtliche Interzonenzug bringt seine Fracht Menschen westwärts. Ein junger Zonenflüchtling nutzt einen kurzen Aufenthalt des Zuges auf offener Strecke, um aufzuspringen. Zwölf aufgestörte Menschen sehen sich plötzlich der Frage gegenüber, ob sie dem völlig Erschöpften und vor Angst Zitternden helfen wollen. Es geht um eine schwere Entscheidung, denn auf Beihilfe zur Flucht in den Westen steht jahrelanges Zuchthaus. Was sich bald nach aufgeregtem Für und Wider ergibt, schlägt sich in den Satz nieder: „Der Mensch ist nur sehr bedingt des Menschen Bruder.“ Sie möchten helfen, aber — gleichzeitig ohne allzu schlechtes Gewissen aus der Sache herauskommen, Sie versagen schließlichs1— allevi; Knapp vor der Grenzkontrolle springt der verzweifelte Flüchtling aus dem Zug. Auch hier wieder Hörspieltechnik auf eine Szenenreportage angewandt; manchmal überwiegt die Diskussion und hemmt die Spannung. Aber die Gestalten sind gut charakterisiert und geben dankbare Episodenrollen ab. Unverkennbar der Ernst des Autors, wenn er feststellt: „Niemand kann es sich in seinem Abteil bequem machen. Jeder ist auf dem Weg zu unbekannten Stationen. Es werden ständig Entscheidungen verlangt; man muß antworten und handeln.“ Unter der ausgezeichneten Regie von Heinrich Schnitzler trugen alle 13 Mitwirkenden ihr Bestes zum Gelingen eines bemerkenswerten Theaterabends bei.

Die Komödie Basel zeigte auf ihrem kurzen Gastspiel im Theater an der Wien die fast 70jährige Komödie „Helden“, in der Bernard Shaw augenzwinkernd gegen die Schnurrbarte und das Säbelklirren rstriotischer Operettenhelden eines Phantasiebalkans loszieht. In der leider sehr mittelmäßigen Aufführung der Basler brillierte lediglich Walter M o r a t h als Bluntschli, der nur und gerade insofern ein Held ist, als er keiner war.

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