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Die Männer aus den „Alpengauen”

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Wollt ihr den totalen Krieg?” brüllte Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels seinen fanatisierten Zuhörern im Berliner Sportpalast zu. Und die Masse brüllte zurück: „Jaaa!” Im Reservelazarett Gera hörten wir die Brüllerei aus dem Volksempfänger. Der Kamerad im Nebenbett sagte nur. „Wahnsinn!” Wir andern schwiegen. Zeitenwende 1943.

50 Jahre später gewinnen die Schatten der Vergangenheit wieder Konturen.

Im Heeresgeschichtlichen Museum im Wiener Arsenal, wo Direktor Manfried Rauchensteiner erst im Sommer den Ersten Weltkrieg der Vergessenheit entrissen hat (FURCHE 39/1993), ist nun der Zweite an der Reihe, beginnend mit Stalingrad: zerlöcherte Stahlhelme, verbeulte Kochgeschirre, Waffenreste — wie sie heute noch um Wolgograd zu finden sind.

Da hängt die deutsche Generalstabskarte der Ostfront mit dem Stand vom 1. Jänner 1943. Im Süden der Kaukasus, im Südosten der Kessel an der Wolga, im Norden die Vororte von Leningrad - alles noch in deutscher Hand. Aber der sowjetische T 34-Panzer, der von außen durch das hohe Fenster droht, deutet schon an, daß es nun in umgekehrter Richtung ging.

1943 setzte der Luftkrieg in vollem Umfang ein - auch in Österreich, womit die Untergrundpropaganda widerlegt wurde, die Alliierten würden Österreich verschonen. Daß aber Österreich doch eine Sonderstellung einnahm, beweist die Moskauer Deklaration, die hier in der englischen Originalurkunde zu sehen ist — ein Hinweis darauf, daß sie nicht sowjetischer, sondern britischer Initiative entsprungen ist. Aber schon ein Jahr vorher zählt ein sowjetischer Bericht 476 Österreicher getrennt von 6.943 deutschen Kriegsgefangenen auf. Nach Kriegsende setzte sich in den Lagern die Absonderung der Österreicher erst Ende 1946 durch.

Der Zweite Weltkrieg war kein „österreichischer Krieg”. Österreich gab es damals nicht. Aber aus den „Alpen- und Donaugauen” dienten bis Kriegsende 1,2 Millionen Männer in der Deutschen Wehrmacht. Ein Zehntel der Rüstung kam aus Fabriken in Österreich. Daran soll erinnert werden, an die Zeit nach Stalingrad und die Kapitulation Italiens, die Zerstörung Montecassinos - und die Rettung seiner Kunstschätze durch den Österreicher Oberstleutnant Schlegel. An den Luftkrieg, die Nächte im Luftschutzkeller - bis zur Frontlage vom 31. Dezember.

Widerstand, Partisanenkrieg, die Invasion im Westen werden die Schwerpunkte der Ergänzungsschau ab Juni 1994 sein, der Krieg und das Kriegsende in Österreich folgen 1995. 50 Jahre später.

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