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Der Krieg in Osterreich: Vom Bombenhagel zum Neubeginn
Den Ereignissen von Ende März bis zum 8. Mai 1945, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, widmet der Museumsdirektor und Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner den dritten und letzten Teil eines Ausstellungszykluses im Wiener Arsenal. Dabei stehen Kriegsende im Osten, Westen und Süden sowie das Wiedererstehen Österreichs im Mittelpunkt, außerdem werden „Luftkrieg und Zerstörung” und „Flucht und Vertreibung” gesondert thematisiert. Rund eintausend Exponate - Gemälde, Plakate, Flugblätter und Gegenstände - sind zu sehen.
Vqm 6. bis 13. April 1945 tobte die „Schlacht um Wien”, in der vier sowjetische Armeen, rund 200.000 Mann, die Stadt von Süden, Westen und Osten her einnahmen. Vom Beginn der Angriffsoperation bis zum Kriegsende in Österreich fielen dabei
18.000 Sowjets, die meisten von ihnen gehörten zur 3. Ukrainischen Front unter dem Befehl von Marschall Fedor I. Tolbuchin. Sein Uniformrock ist von der Moskwa an die Donau zurückgekehrt, ebenso sein persönliches Notizbuch, das Eintragungen vom 9. April 1945 zeigt -und schon vor dem Museumseingang empfängt den Besucher die berüchtige „Stalinorgel”.
Die militärische Widerstandsgruppe um Carl Szokoll hatte noch versucht, die Schlacht um Wien über Verhandlungen mit den Sowjets zu verhindern.
Die Pläne flogen auf und ein SS-St^ndgericht fällte das Urteil „Tod durch den Strang” über drei WJehr-machtsoffiziere, das am.8. April 1945 am Masten einer Autobushaltestelle in Wien-Floridsdorf vollzogen wurde. Eine Vitrine ist dem militärischen Widerstand gegen das NS-Re-gime gewidmet.
Die Divisionen zweier amerikanischer Armeen besetzten den Großteil
Tirols, Salzburgs und Oberösterreichs. Am 6. Mai befreiten sie auch das Konzentrationslager Mauthausen, drei Tage später traf ein Korps der 3. US-Armee des Generals George S. Patton an der Enns mit sowjetischen Truppen zusammen. Eine Dienstflagge erinnert an den berühmten General. Neben zahlreichen Waffen ist der Jeep nicht zu übersehen.
Die britischen Truppen erreichten am 8. Mai 1945 Kärnten, besetzten Klagenfurt und rückten bis in die westliche Steiermark vor. Bei Kriegsende waren hier Kosaken, Ukrainer, Weißrussen, Kaukasier, Kroaten, Slowenen und andere zusammengekommen. Allen gemeinsam war, daß sie zumindest zeitweilig auf deutscher Seite gestanden hatten und nun das Kriegsende in, Österreich erlebten. Fast alle teilten das Schicksal, von den Briten an die Sowjetunion und Jugoslawien ausgeliefert zu werden, fast keiner überlebte es.
Im Jahre 1945 befand sich rund eine Million alliierter Soldaten auf österreichischem Boden, wenn auch nicht alle gleichzeitig. Dem gegenüber stand die „Heeresgruppe Süd” mit rund 700.000 Man;., zu der Reste aus anderen Einsatzgebieten, etwa aus Italien, dazugekommen waren. Alles zusammen schätzt Manfried Rauchensteiner die Zahl der deutschen und mit ihnen verbündeten Soldaten, die sich auf österreichischem Boden befanden, auf 1,5 Millionen.
Gleichzeitig hatte der Krieg eine schwere Lücke in die Bevölkerung Österreichs gerissen: Es fehlte eine
Million, denn zu den etwa 380.000 Toten kamen rund 600.000 Kriegsgefangene hinzu.
Am 7. Mai 1945 unterzeichnete Generaloberst Lothar Rendulic die Kapitulationsurkunde der Heeresgruppe „Ostmark” in deutscher und englischer Fassung. Die Urkunde, die noch nie zuvor gezeigt wurde, liegen die Schulterstücke des deutschen Generaloberst, seine Augengläser und die dabei benützte Füllfeder bei.
Die Ausstellung im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum ist bis 14. April 1996, täglich außer Freitag, von 10 bis 16 Uhr zu sehen.
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