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Digital In Arbeit

Förderung nach dem Prinzip von Vertrauen und Kontrolle

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Die Schweiz ist reich und ein Land, das hochqualifizierte Arbeitskräfte braucht. Daher gibt es eine große Zahl verschiedenster Institutionen, die Geld für Ausbildungszwecke zur Verfügung stellen. Entsprechend viele Möglichkeiten haben auch Studenten, an Geld heranzukommen: an Stipendien.

Wer in der heimlichen Hauptstadt der Eidgenossenschaft, in Zürich, Sitz der größten Schweizer Universitäten, studiert und auf finanzielle Hilfe angewiesen ist, der wendet sich zuerst an die Studienberatung der Hochschule. Sie ist zuständig für die Vergabe und Betreuung der kantonalen Stipendien, die sich in Höhe und Bestimmungen von Kanton zu Kanton unterscheiden.

Die kantonalen Stipendien richten sich in ihrer Höhe nach den finanziellen und persönlichen Verhältnissen des Studierenden beziehungsweise seiner Eltern. Es handelt sich auf dem Papier um Höchstbeträge bis zu 28.000 Franken (rund 235.000 Schilling) jährlich, die aber in der Praxis kaum vergeben werden (um in den Genuß dieses Höchststipendiums zu kommen, müßte der Student zum Beispiel schon dreieinhalb Kinder haben).

Das Stipendiensystem beruht auf gegenseitigem Vertrauen. Der Student verfaßt jeweils einen Semesterbericht, in dem er sich selbst einschätzt. Zwischenprü- fungs- und Arbeitsergebnisse sind beizufügen. Da aber bekanntlich Kontrolle besser ist als Vertrauen, wird stichprobenartig nachgeprüft, ob die Angaben auch tatsächlich stimmen. „Es kommt praktisch nicht vor, daß Studenten ihre Leistungen beschönigen“, sagt ein Sprecher der Beratungsstelle.

Es besteht also in der Schweiz keine eigentliche Leistungskontrolle, die für die Gewährung eines Stipendiums bestimmte Noten verlangt, sondern „kontinuierliches Arbeiten und Mitkommen“ sind gefragt.

Da das Stipendium auf eine festgelegte Zeit begrenzt ist, muß der Student einen gewissen Zeitplan einhalten. Ist er mehr als ein Jahr im Rückstand, kann das Stipendium unterbrochen werden oder es wird die Bedingung an den Studierenden gestellt, in Zukunft besser zu arbeiten.

Ist ein Stipendium ausgelaufen, so bekommt der geförderte Student einen Computerbrief zugeschickt: Er habe nun eine größere Summe Geldes erhalten, und man wäre ihm sehr dankbar, wenn er diese, sollte er sich einmal in guten finanziellen Verhältnissen befinden, in irgendeiner Form zurückzahle. Ob das geschieht? Das ist nicht nachprüfbar.

Ein Herz für Studenten aus Bergregionen hatte Steffan von Kufner. Er stammte aus dem österreichischen Wirtschaftsadel. Nachdem er in den dreißiger Jahren in die Schweiz und später * nach Mittelamerika ausgewandert war, kehrte er nach dem 2.

Weltkrieg in die Eidgenossenschaft zurück und gründete zu Ehren seiner Eltern die Elsa und Moritz Kufner-Stiftung. Ihr erster Zweck war die Förderung von Kindern aus Berggebieten an der Eidgenössischen Technischen Hochschule und an der Universität Zürich.

Die Maßstäbe für die Vergabe dieser Stipendien sind strenger. Immerhin werden von dieser privaten Stiftung insgesamt Förderungsbeiträge bis zu 100.000 Franken (rund 840.000 Schilling) jährlich vergeben. Daß dafür Gutachten von Professoren über die Leistungen der Schützlinge verlangt werden, ist verständlich, denn gefördert sollen in erster Linie besonders qualifizierte und begabte Studenten werden.

Jugendliche aus Schweizer Bergregionen zu fördern, war auch das Anliegen der Pestalozzi- Stiftung des schweizerischen Lehrervereins. In beiden Stiftungen wird jedoch das gesteckte Ziel nicht mehr ganz so eng gesehen, und es finden mittlerweile auch Studenten Aufnahme, die nicht „vom Berg“ kommen.

Möglichkeiten, sich in der Schweiz sein Studium mit einem Stipendium zu finanzieren, gibt es also viele. Darunter findet sich noch eine Kuriosität: In zwei Schweizer Kantonen, in St. Gallen und im Thurgau, vergeben die Kirchen — wenn auch bescheidene — Förderungsbeiträge. Denn bis in die sechziger Jahre dieses Jahrhunderts war das Armenwesen in diesen beiden Kantonen noch konfessionell geregelt.

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