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Frauen unter sich

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Ein Feminismusforscher kritisierte, Feministinnen hätten ihm den Zutrittzu ihren Aktivitäten verwehrt, Eine Antwort der Kritisierten steht hier.'

Wir, die Frauen des Wiener Frauenarchivs, das einer der Orte ist, von denen Männer ausgeschlossen sind, fühlen uns auch angesprochen, zu antworten, weil wir dem Autor schon einmal den Zutritt verweigert haben. Seit sechs Jahren sammeln und bewahren wir, was aus einem erst diffusen Gefühl des Unbehagens von Frauen immer konkreteren und begrifflichen Ausdruck gefunden hat, unsere Geschichte und damit, wie alle Geschichtsschreibung, ein gutes Stück Identität.

Milde gesagt, ist sie ja durch die Jahrhunderte verlorengegangen; wo sind die Malerinnen geblieben, wo, zum Beispiel die Arbeiterinnenbewegung? Unsere Bezahlung war und ist, mangels „öffentlichem Interesse“ an solcher Identität, auch allein die Freude am kollektiven Schaffen dieser geistigen Schatzkammer.

Immer wieder in unserer Geschichte, erwies sich das auch im erwähnten Artikel gewählte Vorgehen als recht schlagkräftig: Die Frauen in solche zu spalten, die „böse“ Männerhasse-rinnen seien und dieses Geschlecht am liebsten abschaffen würden, und in die „guten“ realistischen Frauen, die weiter in jeglicher Form mit ihnen zusammenleben.

Gegen diese Trennung und auch Vereinzelung in die sogenannte „PrivatSphäre“, aus der Frauen gesellschaftsgegeben schwer herauskommen, steht die Entdeckung der Solidarität, der Schwesterlichkeit.

Diese Solidarität, die Entdeckung des „wir für uns selbst“, wir sehen uns als das „eine“ Geschlecht, hätte wohl in der herrschenden Form des Geschlechterverhältnisses nicht stattgefunden.

Nicht, daß wir glauben, wir könnten uns unter Männerausschluß in einem herrschaftsfreien Vakuum begegnen. Es entsteht jedoch durch ihr Fehlen, durch das Freiwerden von traditionell männlich besetzten Positionen (zum Beispiel „der Erzähler“, „der Denker“) viel neue Strukturmöglichkeit, die Entdeckung der gewesenen und Entwicklung künftiger Beziehungen.

So wie die katholische Tradition keine Schwierigkeiten mit dem Dasein von Nonnenklöstern hat, so richtet sich der Männerausschluß hier weder als Haß gegen einzelne, noch als Prinzip gegen alle Männer.

Er ist für uns Frauen und gegen uns diskriminierende Strukturen, an denen Männer mehr oder weniger heftig profitieren. Eine Hommage Interessierter an die Feministinnen kann daher nicht sein, in diese wenigen Räume eindringen zu wollen.

Es hieße vielmehr, die Allgemeinplätze, all die Orte, die von Männern für Männer eingerichtet wurden (etwa Politik), für Frauen zuträglich zu machen und dabei auf eigene Machtpositionen zu verzichten.

Die Frauenbewegung ist eine nicht vergleichbare revolutionäre Bewegung. Sie sterbenskrank und totzu-dichten heißt nur, zu verkennen, auf welch vielfältigen Wegen ihre Inhalte zum Ausdruck kommen und auch gelebt werden.

Wenn natürlich immer noch das Inf ormations- und Lernbedürfnis zu wenig gestillt ist, durch mangelndes Angebot in den Buchhandlungen, durch lückenhafte Bestände in den Bibliotheken, durch fehlende Artikel in den Zeitungen, so liegt es daran, daß Verlage, Lehr-und Forschungsinstitutionen oder Redaktionen der Frauenbewegung zu wenig Raum, Zeit und Geld zur Verfügung gestellt haben. f

Siehe FURCHE 19/1988: „Dilemma des Feminismus“ von Joachim Jung.

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