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Lücke im Steuerrecht
Die Mehrkinderfamilie müsse stärker als bisher gefördert werden, sagte kürzlich Finanzmini-ster Ferdinand Lacina. Zu diesem • Zweck soll ein Teil der Beiträge in den Familienlastenausgleich-fonds direkt, also über Steuerer-mäßigvmgen, an die Familienerhalter weitergegeben werden. Das Opfer soll die Besteuerung des 13. imd 14. Gehaltes sein.
Dazu ist folgendes zu sagen:
• Es ist völlig richtig, daß die steuerliche Diskriminierung der Mehrkinderfamilie beseitigt werden muß. Die Erhalter großer Familien werden sowohl bei der Mehrwertsteuer wie auch bei der Einkommensteuer überproportional belastet, da die Absetzbeträge für Alleinverdiener und Kinder viel zu gering sind und die Progression auch beim Existenzminimum für Frau und Kinder voU zuschlägt (FURCHE 40/1988).
• Auch aus demographischen Gründen muß endlich die Arbeit der Frau als Hausfrau imd Mutter im Steuerrecht wieder anerkannt werden. Die Frauenverbände glänzen in dieser Frage zwar durch Schweigen, weil die Hausfrau und Mutter für sie offensichtlich keine Bedeutung hat. Doch Faktum bleibt, daß ein Familienerhalter derzeit dafür auch noch mit erhöhter Steuerprogression
zur Kasse gebeten wird. • Mit einer steuerlichen Entlastung von Mehrkinderfamilien darf aber kein Klassenkampf betrieben werden. Diese Gefahr besteht. Der Finanzminister will nämlich - ohne Rücksicht auf Fa-miUengröße - den 13. und 14. Gehalt voll besteuern und dafür den Tarif weiter senken. Damit würden aber Bezieher mittlerer und höherer Einkommen wieder einmal überproportional zur Kasse gebeten - und zwar nicht nur kinderlose Ehepaare, deren Steuerleistung im Verhältnis zur Besteuerung von Großfamilien zu gering ist, sondern auch Erhalter von Großfamilien mit drei und mehr Kindern.
An eben jenem Umverteilungsgedanken ist aber die bisherige „Familienpolitik“ gescheitert: Indem man immer nur der Familien gedachte, die ein niedriges Erwerbseinkommen haben, stellte man die Signale bei der Entscheidung pro und contra drittes Kind bei allen jenen auf „rot“, die als Doppelverdiener in der Mittelschicht den größten sozialen Absturz in Kauf nehmen müssen, wenn die Frau zu Hause bleibt. ,Das Ergebnis: Die Zahl der Mehrkinderfamilien wurde in nicht einmal zwanzig Jahren halbiert!
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