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Peinlichkeit für Palme

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Die mit ermüdender Regelmäßigkeit wiederkehrenden Fraktionskämpfe im Lager der Kommunisten verschiedener Schattierung sind nun nahe daran, Schwedens KP vollständig zu lähmen und sie in den Zustand der völligen Bedeutungslosigkeit zurückzuversetzen. Diese Entwicklung kündigt jedoch nicht nur eine herannahende Wahlkatastrophe für die Kommunisten an, sie bedeutet auch eine Bedrohung der Regierungsfähigkeit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die schon durch einige Wahlperioden auf die Stimmenhilfe der KP im Reichstag angewiesen ist.

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Die mit ermüdender Regelmäßigkeit wiederkehrenden Fraktionskämpfe im Lager der Kommunisten verschiedener Schattierung sind nun nahe daran, Schwedens KP vollständig zu lähmen und sie in den Zustand der völligen Bedeutungslosigkeit zurückzuversetzen. Diese Entwicklung kündigt jedoch nicht nur eine herannahende Wahlkatastrophe für die Kommunisten an, sie bedeutet auch eine Bedrohung der Regierungsfähigkeit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die schon durch einige Wahlperioden auf die Stimmenhilfe der KP im Reichstag angewiesen ist.

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Es ist der alte Gegensatz zwischen einer nach Moskau orientierten und einer mehr auf nationale Unabhängigkeit und Selbständigkeit bedachten Richtung innerhalb der KP, der nun in all seinen Schroffheiten sichtbar geworden ist. Der Beginn der Spaltung ist auf die scharfe Verurteilung des Eingreifens der Sowjetunion in der CSSR durch den damaligen KP-Führer C. H. Hermannsson zurückzuführen. Hermannsson ging damals so weit, den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion zu fordern. Die moskautreuen Altkommunisten, die ihre stärksten Bastionen in den Erzfeldern und Küstengebieten des Nordens haben, konnten das dem allzu eifrig auf ein demokratisches Image bedachten Parteiführer nie verzeihen. Die einzige Tageszeitung der Partei, die in Luleä erscheinende „Norrskens-flamman“, scheute nicht davor zurück, die Parteiführung in Stockholm hart zu kritisieren. Die Parteiführung ihrerseits drängte den Einfluß der Linken in allen Parteigremien zurück, klagte drei der aktivsten Parteisekretäre des Nordens der Disziplinlosigkeit an und versuchte den Vertrieb der linksradikalen „Norrskens-flamman“ in den südlicheren Landesteilen zu verhindern. Es war die letztere Maßnahme, die bei den Linksradikalen im Norden einen Sturm der Entrüstung hervorrief. Die Parteiführung wurde diktatorischer Methoden beschuldigt und ihren Vertretern wird derzeit nicht einmal die Teilnahme an wichtigen Zusammenkünften der Altkommunisten gestattet.

Die Bildung zweier sich unversöhnlich gegenüberstehender Gruppen wiederholt sich im Kommunistischen Jugendverband, der bereits folgenschwere Spaltungen, erlebt hatte, von denen er sich gerade erst zu erholen begann.

Doch'ob es nun zu einer vollständigen Parteispaltung kommen sollte oder nicht, die KP Schwedens befindet sich in einer so schweren Krise, daß dies selbst ihre treuen Anhänger und Wähler irremachen muß.

Im September 1976 sollen Parlamentswahlen stattfinden und zum erstenmal seit langer Zeit haben sich bei Meinungsbefragungen weniger als vier Prozent der Wähler für die KP ausgesprochen. Ein Absinken unter vier Prozent aber würde bedeuten, daß die Partei alle ihre 19 Sitze im Parlament verliert, und natürlich auch die staatlichen Zuwendungen, die auf Grund der parlamentarischen Stärke den Parteien gewährt werden. Für eine Partei mit notorischen Finanznöten wäre das ein außerordentlich schwerer Schlag.

Grund zur Sorge haben jedoch auch die Sozialdemokraten, die zusammen mit den Kommunisten nur noch die Hälfte aller Parlamentsmandate besitzen. Nach dem jetzigen Stand der Dinge können die Kommunisten mit zwei anderen kleinen Parteien nur mit sechs Prozent aller Stimmen rechnen. Die Arbeiterpartei müßte also mindestens 47,5 Prozent aller Stimmen gewinnen, wenn sie die Mehrheitsstellung im Parlament behaupten will. Nachten Meinungsforschern besitzt sie zur Zeit aber nur etwa 44 Prozent. Es dürfte der Arbeiterpartei sehr schwerfallen, noch weitere drei Prozent dazu-zugewinnen. Gelingt ihr das nicht, dann kann mit Sicherheit mit der Bildung einer bürgerlichen Koalitionsregierung gerechnet werden. Es sind also die Kommunisten und ihre parlamentarische Stärke, von denen das Sein oder Nichtsein einer künftigen sozialdemokratischen Regierung abhängt.

Man ist sich in sozialdemokratischen Führungskreisen dieses Um-standes bewußt, wenn man auch nur mit großer Uberwindung geneigt ist, es zuzugeben. Eine zurückhaltende Sprache gegenüber der KP und eine um so härtere in die Richtung der Konservativen ist Ausdruck dieser peinlichen Situation.

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