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Schlimme und brave Kärntner

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Nicht nur in Niederösterreich probt man den Aufstand. Während entrüstete Bürgermeister diesseits der Enns Protestaktionen vorbereiten, kommt auch aus Kärnten ähnliche Kunde.

Nachdem Landeshauptmann Sima schon seit einem Jahr landauf und landab unüberhörbar der „Strukturverbesserung“ das Wort geredet hatte, wurde nun ein Entwurf des Kärntner Raumordnungsbeirates veröffentlicht, der den Tod für 69 Gemeinden vorsieht. Für die bedrohten Gemeindeoberhäupter, die bis zu diesem Zeitpunkt nur ahnen konnten, was ihnen droht, wurde damit die Alarmglocke geläutet. Es gibt kaum eine von der Auflösung bedrohte Gemeinde, aus der nicht ein geharnischter Protest nach Kla- genfurt drang. Daran änderte bisher auch die Tatsache wenig, daß die Kärntner SPÖ-Landesfürsten von Lütgendorf gelernt haben und über ihre Gemeindemandatare einen Maulkorberlaß verhängten.

Neben persönlichen Überlegungen der Gemeindehüter führten vor allem Schulprobleme zu dieser Protestwelle. Jede Gemeinde soll in Hinkunft eine Volksschule mit vier Klassen haben, was für viele Kinder einen wesentlich längeren Schulweg bringen würde.

In Südkärnten sieht man sich überdies mit der slowenischen Minderheit konfrontiert. So wie etwa die ausgesprochene Slowenen-Gemeinde Radsberg sollen auch noch andere ähnlich strukturierte Gemeinden anderswo zugeschlagen werden. Landeshauptmann Sima, der sich von jungen Slowenen nicht erst einmal den Kosenamen „Nazi“ umhängen lassen mußte, geriet bei der Minderheit in den Verdacht, auf diese Weise eine „Endlösung“ in der Slowenenfrage ąnpeilen zu wollen.

Es wird jedenfalls noch heiße Debatten geben, bis sich der Kärntner Landtag im Herbst mit dem Entwurf des Raumordnungsbeirates auseinandersetzen und diesen (so erwartet man) auch fast vollinhaltlich beschließen wird. Bereits im Jahr 1973 sollen um 69 Bürgermeister weniger gewählt werden.

So gut wie nichts kann man im Beamtenentwurf aber über die Pläne um Villach und Klagenfurt lesen. Was man nicht liest, hört man von den Kommunalpolitikern aber um so deutlicher. Während Klagenfurt die Gemeinden Viktring, Ebenthal, Hör- tendorf und Wölfnitz „inhalieren" möchte (hauptsächlich um Industrie grundstücke zu „erben“), hat Villach ein Auge auf Landskron und Maria Gail geworfen, um die 50.000-Ein- wohner-Schallmauer zu durchbre- chen, die den Draustädtern im Finanzausgleich einen wesentlich besseren Steueraufteilungsschlüssel bescheren würde. Der dadurch gewonnene Betrag würde jährlich 15 Millionen Schilling betragen.

Gegen solche Pläne wehrt man sich in allen betroffenen Orten, besonders jedoch in Landskron, das mit 10.384 Einwohnern bevölkerungsmäßig und wirtschaftlich eine der stärksten Gemeinden ist.

Ob der Kampf des Landskroner SP-Bürgermeisters gegen den Villacher SP-Bürgermeister erfolgreich sein wird, muß dennoch bezweifelt werden. Der Vülacher Stadtfürst Ing. Resch trat nämlich innerparteilich nie besonders in Erscheinung, dafür gilt er aber als braver und bedingungsloser Gefolgsmann seines Herrn Sima, der nun dafür den Dank abzustatten haben wird. Genau umgekehrt ist die Situation in Klagenfurt. Hier dürfte Sima hinter den vom Lindwurm bedrohten Klein- häuslem stehen. Klagenfurts Bürgermeister war nie das bravste aller Parteikinder und flößt Sima durch seine Popularität in der Landeshauptstadt zusätzlichen Schrecken ein. Das Verhältnis Sima-Ausser- winkler wird in Sachen Gemeindezusammenlegungen sicher nicht ganz nebensächlich sein. Und wie gut dieses Verhältnis zwischen den beiden SPÖ-Häuptern ist, kann etwa ein junger Journalist erzählen, der beim Kärntner SP-Hausblatt den Abschied nehmen mußte, nachdem er bei der Berichterstattung über die Maifeiern nicht Sima, sondern Ausserwinkler auf die Titelseite plaziert hatte.

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