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Koalitionswehen

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In der Außenpolitik wird Eshkol sinen westlicheren Kurs einschlagen und versuchen, sich mehr wie bisher auf die USA zu stützen. Frankreichs Annäherung an die arabischen Staaten ließ die bisher heiße Freundschaft zu Israel etwas abkühlen. Zu solch einem Regierungsplan passen eigentlich nur als Koalitionspartner die Religiös-Nationale Partei mit 11 Mandaten und die kleine Unabhängige Liberale Partei mit 5 Mandaten. Doch das Feilschen um die Koalition ist in Wirklichkeit viel schwieriger als es für einen Außenseiter den Anschein hat. Eshkol fürchtet, daß, wenn er die linkssozialistische Mapam nicht in die Regierung aufnimmt, diese ihre Schlüsselstellung in den Gewerkschaften ausnützen wird, um das Regime mit Hilfe von Streiks zu unterminieren. Doch kann die Mapam nur sehr schwer der Lohnpolitik Eshkols beistimmen, die eigentlich einer totalen Einfrierung von Löhnen gleichkommt. Eshkol hingegen muß fast allen Forderungen der Religiös-Nationalen Partei nachgeben, wenn er diese Partei ohne Mapam für eine Koalition gewinnen will. Jedoch nur 15 Prozent der israelischen Bevölkerung sind religiös, und die Religiös-Nationale Partei fordert ein Sabbat-Gesetz, demnach der ganze Verkehr am Sabbat, der Ruhetag der Juden, untersagt werden soll. Ein solches Verbot wird bei der nichtreligiösen Bevölkerung große Widerstände auslösen.

Die Forderungen der kleineren Unabhängigen Liberalen Partei beruhen hauptsächlich auf dem Erhalt von zwei Ministerposten. Levi Eshkol, der die Wahlen gewonnen hatte, hat trotz überwältigenden Sieges die Errichtung einer Koalition noch zu meistern. Er kann dies nur mit Hilfe der Religiös-Nationalen Partei, die zwar bei den Wahlen sehr schlecht abgeschnitten hatte, aber trotzdem fähig ist, alle Pläne Eshkols zu durchkreuzen.

Ein Vorschlag des bürgerlichen Blocks, sich der Koalition anzuschließen, mußte von Eshkols Partei abgelehnt werden, denn die sozialdemokratischen Arbeiter der Eshkol-Partei, Mapai, können bei solch einer Koalition eine Palastrevolte innerhalb der Partei ausrufen. Weder Ministerpräsident Levi Eshkol noch andere Führer sind bereit, eine solche Koalition mit dem bürgerlichen Block zu errichten, obwohl die Unterschiede zwischen dem rechten bürgerlichen und dem sozialdemokratischen Eshkol-Block immer kleiner werden.

Notgedrungenerweise wird Ministerpräsident Levi Eshkol auch die neue Koalition mit den alten Koalitionspartnern der Religiös-Nationalen Partei und der Unabhängigen Liberalen Partei bilden.

Ben Gurions politische Karriere wird nach diesen Wahlen wahrscheinlich zu Ende sein. Er wird als ältestes Parlamentsmitglied am 22. November das Parlament eröffnen, doch wurde ihm bereits angedroht, daß, wenn er seine Eröffnungsrede zu einer politischen Kampagne ausnützen sollte, die Mehrzahl der Parlamentsmitglieder die Absicht hat, den Saal demonstrativ zu verlassen. Eine große Anzahl seiner Anhänger verließen ihn bereits nach dieser seiner Wahlniederlage. David Ben Gurion, Begründer des Staates Israel und langjähriger Ministerpräsident, sah bereits selbst ein, daß er nur noch kleine Aussichten hat, wieder einmal Ministerpräsident in Israel zu werden.

Der Israeli will weder große Veränderungen in der Außenpolitik, wie sie die linke Mapam fordert, noch eine scharfe Sicherheitspolitik, wie sie der liberale Block plante. Er ist heute mit seinem Los mehr oder weniger zu frieden: Wenn er noch kein Auto hat, träumt er davon, er lebt im Alltag und nicht in der Zukunft und will hauptsächlich in Ruhe gelassen werden. Der Kompromißler Levi Eshkol ist deswegen für ihn der Mann.

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