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Schwarze Fahnen auf dem Schloß zu Regensburg. Hier starb am 6. Juli der 292., zugleich letzte Feldmarschall der Habsburger, Erzherzog Josef, der der ungarischen Linie des Hauses Österreich angehörte. Der Vater des Verstorbenen war Honved-Oberkomman-dant, der Großvater, der hochverehrte „Jözsef nädor“ des ungarischen Reformzeitalters vor 1848 war Palatin und somit höchster Würdenträger des ständischen Ungarn nach König und Fürstprimas. Der Erzherzog, der zeitlebens ganz wie ein Ungar fühlte, trat mit 18 Jahren, 1890, in die Armee ein und wurde 1905 Inhaber der weißen (15.) Dragoner. Nach Kriegsausbruch befehligte er die 31. Division in der zwölftägigen Schlacht bei Schabatz, übernahm dann in Galizien das 7. Korps, das an den legendären blutigen Kämpfen bei Limanowa, am Dukla-Paß, in der Karpaten-Winterschlacht und bei Gorlice beteiligt war. An der Südwestfront zeichnete sich dieses Korps in den ersten neun Isonzo-schlachten aus. Erzherzog Josef kam an die Front im Osten, dann wieder zurück an die italienische Front, wo er in der Junischlacht 1918 am Montello die 6. Armee, schließlich die Heeresgruppe vom Stilfser Joch bis zur Piave kommandierte. Er war, nach zeitgenössischen Zeugnissen, stets sehr beliebt, seine Tapferkeit und sein kameradschaftliches Wesen allgemein anerkannt. Als Kommandeur wurde er in den Theresien-Orden aufgenommen. In einem vierbändigen Werk schilderte er den ersten Weltkrieg, wie er ihn sah.

Bis 1945 lebte Erzherzog Josef im Königreich Ungarn. Er galt als ein Mann zwischen den Zeiten. Die königstreuen Ungarn vergaßen ihm nie, daß er während des Zusammenbruchs 1918 König Karl um Enthebung von seinem Eid gebeten hat, um sich „mehr Bewegungsfreiheit“ zu sichern. Ein nationales Königreich mit ihm, dem Erzherzog Albrecht oder gar Admiral Horthy als König geisterte zwar in der Folge als vage Idee in den Köpfen mancher Unzufriedener herum, die Geschichte Ungarns nahm jedoch einen anderen Lauf. Die stets angebotenen „guten Dienste“ des Erzherzogs wurden auch 1945 nicht gefragt. Als ganz Einsamer starb er mit 90 Jahren, seine vier Enkelsöhne, auf Namen der großen Arpaden getauft, schlagen sich in der Welt unter gar nicht glänzenden Verhältnissen durch. Aber das ist nicht mehr Geschichte.

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