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Manöverkritik

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Die Parade des Bundesheeres vor seinem Oberbefehlshaber setzte den Schlußpunkt hinter die, von der Öffentlichkeit glücklicherweise kaum beachtete, Neuorganisation der Streitkräfte. Das Heer, jetzt wirklich nach modernsten Grundsätzen organisiert und jederzeit mit einer respektablen Macht einsatzbereit, legte sein Aschenbrödelkleid für einen Tag ab und zeigte in einer kurzen, aber um so eindrucksvolleren Schau der Regierung, dem Parlament und der Bevölkerung, wieviel mit den zur Verfügung gestellten kärglichen Mitteln geleistet wurde. Die Ausrüstung und die Bewaffnung der defilierenden Einheiten machte auf die im Spalier stehenden kritischen Zuschauer den denkbar besten Eindruck.

Freilich bleibt noch sehr viel zu tun: unter anderem ist auch der Aufbau einer territorialen Verteidungs-organisation zum Abschluß zu bringen. Daß dabei der richtige Weg eingeschlagen wurde, zeigt das an der Parade teilnehmende Grenzschutzbataillon, dessen Angehörige, kurzfristig eingezogene Reservisten, mit großem Ernst bei der Sache waren, und deren ausgezeichnete Haltung allgemein mit Beifall aufgenommen wurde. Der Grenzschutz, die „freiwillige Feuerwehr“ der Landesverteidigung, stellt eine der engsten Klammern zwischen Volk und Heer dar, einem Heer, im wahrsten Sinne des Wortes einer Armee im Schatten, dem das Parlament Mittel zubilligt, deren geringe Höhe bei unseren Freunden schon oft Kopfschütteln erregt hat. Daß das Bundesheer wieder dem Steuerzahler einen Rechenschaftsbericht in Form einer Parade vorlegte, war gut. Staatsoberhaupt, Parlament, Regierung und nicht zuletzt das Volk sollten sehen, wie sorgsam das Heer, immerhin einziger Garant unserer Freiheit, mit den ihm zur Verfügung gestellten Beträgen umgeht.

Das Bild des Vorbeimarsches hat sich geändert. Das Bundesheer, bestrebt, so sparsam als möglich hauszuhalten, ist kein Paradeheer und soll auch keine Operettenarmee sein. Die .ilten Märsche sind die gleichen .geblieben, doch die blauen oder hechtgrauen Uniformen gehören endgültig der Vergangenheit an. Der österreichische Soldat von heute trägt den Tarnanzug — Symbol des Ernstes und der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres. Allerdings wäre es doch sicher möglich gewesen, aus dem besonderen Anlaß den Soldaten der Republik jenes Feldzeichen aus Eichenlaub an den Helm zu heften, das sich schon die Grenadiere Laudons an den Dreispitz gesteckt hatten! Das frische Grün

hätte sicherlich einen festlichen Kontrast zur überbetonten Einfachheit der Kampfmontur gebildet.

Falls man die Geschlossenheit der

bewaffneten Macht noch durch Formationen der Exekutive betont hätte, so wäre das gerade am 22. Mai sinnfällig gewesen. Die Verbundenheit des Heeres mit Gendarmerie, Zollwache und Polizei sowie die Unterstellung der gesamten bewaffneten Macht der Republik Österreich unter ihren Oberbefehlshaber wäre damit einmal mehr dokumentiert.

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