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Wo steht die Armee?

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„Wir haben kein Heer - wir sind ein Heer”, wünscht sich Armeekommandant Spannocchi als Zielvorstellung für die österreichische Landesverteidigung. In der Tat ist die Existenzberechtigung eines milizartigen Heeres, wie es Spannocchi in seinem im Frühjahr erschienen Beitrag für das Buch „Verteidigung ohne Schlacht” skizziert, von A bis Z davon abhängig, ob es der politischen Führung unseres Landes besser gelingt als bisher, das Heer, das Militär, die Armee - wie immer wir unseren militärischen Beitrag zur Landesverteidigung nennen - in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Frage, die nun nach siebeneinhalb Jahren sozialistischer Regierung zu beantworten wäre, lautet: Wo steht das Bundesheer? Welches „Image” genießen Angehörige des Bundesheeres in der Öffentlichkeit?

Der Ausgangspunkt der Heeresreform war bestimmt kein erfreulicher - trotz sicherlich ehrlicher Bemühungen vieler Militärs: Es war die völlig undifferenzierte Forderung der Sozialisten nach Verkürzung der Präsenzdienstzeit von neun auf sechs Monate. Eine Forderung, die in erster Linie aufgestellt worden ist, um Wahlen zu gewinnen.

Das Verhalten der Sozialisten hat ganz offensichtlich nicht zur Integration des Bundesheeres in die Gesellschaft beigetragen. Auch aktuelle Forderungen nach Abschaffung der Zivildienstkommission aus den Reihen der ÖGB-Jugend fügen sich exakt in das Bild eines verbogenen Geschichtsverständnisses der Linken, die es auch heute nicht lassen wollen, mit dem Zeigefinger auf die Jahre 1927,1934 oder 1938 zu zeigen- so als ob sie selbst, die Linken, die Sozialisten, eine fremde Besatzungsmacht wären, die damals völlig außerhalb der Reichweite politischer Verantwortung stand.

Daß die Waffendienstverweige- rungs- und Antibundesheer-Linken ihr Ziel nicht erreichen, dürfte in Österreich wohl in erster Linie an der jungen Offiziers- und Unteroffiziersgeneration liegen, die sich, und das sei nicht als Vorwurf in eine bestimmte Richtung verstanden, total von der Weltkriegs-Generation unterscheidet.

In Österreich ist die klassische, noch aus den Lehrbüchern des Zweiten Weltkrieges stammende Art, ein Heer zusammenzustellen, in Verruf gekommen. Aber nicht nur in Österreich. Gerade der zweite Beitrag in „Verteidigung ohne Schlacht”, der Beitrag vom französischen Militärexperten Guy Brossollet, zeigt sehr drastisch die Unzulänglichkeit konventioneller Verteidigung gegen- in diesem Falle aus dem Osten kommende - Aggressoren auf. Ganz in dieselbe Richtung weist auch der auf rüttelnde Warnruf des demokratischen US-Abgeordneten Lee

Aspin, der der Öffentlichkeit mitteilte, Testfahrten mit dem Zukunftspanzer XM 1 hätten gezeigt, daß dieser neue Panzer alle 160 Kilometer mit einem technischen Defekt auf der Strecke bleibe, J

Ist Österreich, ja ist Europa gegen einen entschlossenen Aggressor noch zu halten? Oder ist es wünschenswert, vor Truppen des Warschauer Paktes zu kapitulieren, bevor sie uns direkt bedroht haben? Wenn wir das nicht wollen, bleibt uns nur die Alternative, vor einem ganzen Paket linker Ideen nicht zu kapitulieren.

Für einen solchen Kampf aber brauchen wir eine lebenslange (geistige) Präsenzdienstzeit.

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