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Großer Erfolg seiner Oper "L' pupa" bei den Salzburger Festspielen.

D unkles Rauschen schwillt an bis zum Dröhnen, kulminiert im rhythmischen Wirbel hölzerner Klopfzeichen. Geheimnisvolle Vogelrufe hallen wie ein fernes Echo durch den Saal. Immer wieder bricht Natur ein in Salzburgs Kleines Festspielhaus, gleichsam als Erinnerung an den Ursprung der Klänge, der Geschichte ... Mit L'Upupa hat Hans Werner Henze ein arabisches Märchen in Musik gesetzt. Auch das Libretto stammt aus seiner Feder. Der Kern der Geschichte: drei Söhne, drei Wege, drei Tore, drei fremde Reiche und drei Schätze, die es heimzubringen gilt zum alten Vater. Doch schon die Reaktionen der eifrig Anteil nehmenden Öffentlichkeit - heftiger Jubel wie auch skeptische Kommentare - zeigen, dass es mit dem Werk so einfach nicht sein kann, begeisterte Vereinnahmung durch Konservative ebenso falsch und einseitig wäre wie radikale Ablehnung durch nicht vielmehr als scheinbare Avantgardisten. Die rätselhafte Symbolik erlaubt keine schnelle Entschlüsselung. Schon zu Beginn wird in der distanzierenden Rede des alten Mannes spürbar, dass der Erzählung eine merkwürdige Uneigentlichkeit anhaftet. Besonders deutlich wird dies auch in der Komik der auf Mozarts Zauberflöte anspielenden Szenen. Die Ereignisse scheinen sich selbst nicht wichtig zu nehmen, sind nur Weg zum Ende. Dieses hält, aller Vorhersehbarkeit der Handlung zum Trotz, Neues bereit: L'upupa, das golden gefiederte Wiedehopfweibchen, Objekt todbringender Sehnsucht und zugleich Erinnerung an vergangene Schuld, endlich zurückgebracht, wird vom glücklichen Vater freigelassen. Und der Triumph der Sohnesliebe erschöpft sich nicht in der Heimkehr, sondern mündet in neuerlichen Aufbruch.

Die Klänge offenbaren die geheimen Triebkräfte des Geschehens. Träumerisch sehnsuchtsvollen Kantilenen, zeitlos dahinströmend und von Dissonanzen schmerzvoll durchsetzt, tritt die agile Kraft der Welt des Realen mit ihrer Lächerlichkeit und Bösartigkeit entgegen. Die expressive Klangschönheit, präzise Detailsicherheit und dramatische Kraft von Henzes Musik überzeugt durchwegs. In den Wiener Philharmonikern unter Markus Stenz hat sie ideale Interpreten gefunden. Souverän und differenziert agiert auch das Sängerensemble: Mit großer Wortdeutlichkeit Alfred Muff als alter Mann, Matthias Goerne als durchsetzungskräftiger Al Kasim und Laura Aikin als seine auch klanglich schöne Prinzessin. John Mark Ainsley sorgt als engelhaft-menschlicher Dämon für heitere Spannung, Axel Köhler und Anton Scharinger geben ein grotesk-böses Brüderpaar.

Dieter Dorns farbige Inszenierung unterstreicht in gelungener Synthese von Text, Bild und Klang die archetypische Kraft des Märchens. In bestechender Einfachheit wird die Geschichte zu einer klassischen, den Zuschauer und Hörer zu eigener Deutung herausfordernd, ohne zu brüskieren. Wer sich nicht darauf einlässt, erfährt die eigene Leere. Einnehmend die Stimmigkeit und unaufdringliche Poesie der Details: Der helfende Dämon entpuppt sich im Flug als riesiger schwarzer Nachtfalter, die Prinzessin schläft in einer übergroßen roten Rosenblüte. Der Apfelbaum des ersten Bildes erscheint im letzten als imaginäres, fernes Ziel der neuerlichen Reise.

Henzes "deutsches Lustspiel" ist versöhnlich und freundlich. Dennoch wird hier nichts beschönigt, nichts vergessen. Die Bösen werden verbannt, das Judenmädchen heimgeführt. Die bis auf den letzten Platz ausgebuchte Uraufführung des Auftragswerks der Festspiele ist für Henze so etwas wie eine Heimkehr nach Salzburg. Damit wird sie aber auch zum Träger einer kulturpolitisch wichtigen Botschaft. Die Heimkehr eines großen "Alten" kann nämlich nur dort mit Erfolg gefeiert werden, wo kluges, zukunftsweisendes Engagement dem "jungen Wilden" einst den Auszug in die weite Welt ermöglichte.

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