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Drei Expertinnen diskutieren über die neue Macht der Frauen und deren Schattenseite.

Die neue Macht der Frauen - wer diese postuliert, hat gewonnen: eine hitzige Diskussion. Aber gibt es sie denn überhaupt?

Ja, meint die Machtexpertin Christine Bauer-Jelinek und teilt diese Macht sogleich in verschiedene Ebenen: "Auf der ideologischen Ebene hat der Feminismus ganze Arbeit geleistet", sagt Bauer-Jelinek, Wirtschaftscoach, Psychotherapeutin und Leiterin des Institutes für Macht-Kompetenz in Wien. Wer würde sich noch eine andere Meinung sagen trauen als jene, dass Gleichberechtigung in allen Lebenslagen zu unterstützen sei. Es gebe also auf der ideologischen Ebene nur eine gültige Meinung, was Bauer-Jelinek auch kritisch sieht. "Es gibt keine Meinungsvielfalt mehr." Dieser Dogmatismus setze zudem eine Schweigespirale in Gang: Jene, welche die Mehrheitsmeinung nicht vollends teilen, werden immer stiller, was wiederum die Mehrheitsmeinung bestärkt, da kein Widerspruch geäußert wird.

"Gute Karten in der Politik"

"Zudem hat sich die Frauenbewegung selbst ein Ei gelegt", analysiert sie. "Wenn man wirklich will, dass Männer zuhause mehr mittun, ihnen aber ständig sagt, wie schrecklich das Hausfrauendasein ist, dann ist es nicht verwunderlich, dass Männer das nicht freiwillig machen wollen."

"In der Politik haben Frauen gute Karten", beurteilt Bauer-Jelinek die praktischen Chancen. Es bleibe aber die Frage, was Frauen dann auch wirklich umsetzten.

Die Motivation der Frauen, die an die Macht streben oder dort schon sind, hinterfragt die renommierte Journalistin Anneliese Rohrer: "Es ist eine traurige Angelegenheit, wenn die neue Macht der Frauen auf Basis der Männer ihrer Umgebung stattfindet." Vor allem Hillary Clinton dient der langjährigen Politik-Beobachterin als Beispiel: "Clintons Motivation scheint es zu sein, die durch die Lewinsky-Affäre beschädigte Präsidentschaft ihres Ehemannes wieder gut machen zu wollen. Das halte ich für unemanzipatorisch und für eine ganz schlechte Motivation, um politische Macht zu ergreifen." Rohrer verweist auch auf die neue argentinische Präsidentin Cristina Kirchner, die ihrem Mann nachfolgt, sowie auf Ségolène Royal. Die gescheiterte französische Präsidentschaftskandidatin ist laut Rohrer höchstwahrscheinlich auch deshalb angetreten, um es ihrem Ex-Lebensgefährten, dem Chef der Sozialisten François Hollande, zu zeigen. "Es ist ein bedenklicher Trend, dass diese neuen mächtigen Frauen ihre Position über ihre Männer spielen. Angela Merkel wäre außerhalb dieser Kritik, würde es ihr gelingen, eine Position zu erreichen, die jener Margaret Thatchers nahe kommt", analysiert Rohrer, doch das werde von vielen Beobachtern bis jetzt bezweifelt.

Edit Schlaffer, Gründerin und Vorsitzende des Netzwerkes "Frauen ohne Grenzen", betont, dass Frauen immer noch stark um ihre Legitimität kämpfen müssten. "Sie haben das Gefühl, sich ihre Anwesenheit in qualifizierten Berufsfeldern verdienen zu müssen", zeigt die Furche-Kolumnistin die Diskrepanz zwischen dem Selbstbewusstsein der Frauen und ihrer Aufholjagd in Sachen Bildung auf. Schlaffer fordert von den Frauen mehr Durchsetzungskraft ein: "Allerdings sind positive Werte - oft ein Synonym für den alternativen weiblichen Zugang - ohne den Willen zur Macht, den Willen sich durchzusetzen, nichts weiter als Gejammer."

Aber führt der "weibliche Zugang" wirklich zu einer besseren Politik oder zu einer Weltverbesserung? "Das ist eine absolute Schimäre", sagt Anneliese Rohrer. Das würden die Beispiele von mächtigen Frauen wie Margaret Thatcher oder Indira Gandhi deutlich machen.

Auch Bauer-Jelinek teilt diese Meinung: "Die Art der Politik ist nicht vom Geschlecht abhängig, sondern vom Schauplatz und von den Spielregeln, die dort herrschen." Bauer-Jelinek ortet zudem einen massiven Geschlechterkampf um die Macht und sieht hier sehr wohl eine Krise der männlichen Eliten. "Es geht nur um ein Gegeneinander, es wird alles aufgerechnet."

"Kultur der Ausreden"

Rohrer sieht keine Krise der männlichen Eliten, aber eine der männlichen Bevölkerung im allgemeinen. Sie verweist auf jüngste Studien in den USA, die aufzeigen, dass in Metropolen wie New York erstmals gut qualifizierte Frauen mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen. Das führt laut Rohrer auch dazu, dass Frauen ihre Position und ihren Verdienst gegenüber einem potenziellen Partner verschweigen - aus Angst, diesen zu vertreiben.

Kritik übt Anneliese Rohrer an der "Kultur der Ausreden", die sie bei vielen Frauen wahrnimmt; so nach dem Motto: Ich kann ja nicht diese Position einnehmen, weil … "Wenn die Frage der Vereinbarkeit endlich gelöst sein wird, dann kommt die Stunde der Wahrheit", sagt sie. Dann müssten die Frauen für ihr "Ok, ich könnte, aber ich will nicht" die Verantwortung übernehmen.

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