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Wiedervereinigung“ der DC

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Der katholischen Wählerschaft Italiens erscheint es beinähe zu schön, um wahr zu sein: Die Tagung des 173 Mitglieder zählenden christlichdemokratischen Nationalrates in Rom, des höchsten beschließenden Organs der Mehrheitspartei und damit einer der wichtigsten politischen Instanzen Italiens, hat mit einer spektakulären Demonstration ihrer Einheit geendet. Alle ihre Gruppen und Strömungen, von dem progres-sistischen Flügel der Gewerkschaftsvertreter und der fast sozialrevolutionären „Basis“ bis zu der des gemäßigt konservativen ehemaligen Ministerpräsidenten Mario Scelba, der bisher der „Linksöffnung“ mit äußerstem Mißtrauen gegenüberstand, alle, alle haben sie den Antrag angenommen, in dem der Regierung der linken Mitte Aldo Moros volle Unterstützung zugesagt Nund die loyale Durchführung des mit den demokratischen Linksparteien vereinbarten Programmes zugesichert wird.

Ausdrücklich werden da auch die Punkte erwähnt, die in der Vergangenheit Gegenstand lebhafter Kontroversen gewesen sind: die Durchführung der regionalen Aufgliederung Italiens, die Uberführung des städtischen Baulandes in die öffentliche Hand, die Wirtschaftsplanung mit ihrer Einschränkung der privaten Initiative. Die bisherige Parteidirektion, in der am Schluß nur noch die Zentrumsgruppe der sogenannten „Dorotheer“ und die Anhänger Moros mit relativer Mehrheit vertreten waren, ist zurückgetreten und eine neue wurde einstimmig gewählt, in der nun alle Gruppen ihren Kräften entsprechend vertreten und an der Führung beteiligt sind. Angesammelter Groll widereinander wurde vergessen, Sanktionen gegen Aufrührer und Frondeure widerrufen.

Das ist mehr als erstaunlich, es ist unglaublich. Erst wenige Wochen sind seit den turbulenten Präsidentenwahlen vergangen, die eine spektakuläre Zerrissenheit der Partei gezeigt haben, bis zu dem Punkt, daß ihre Aktion gelähmt war und die Kommunisten sich erstmalig bestimmend in die Wahl des Staatsoberhauptes einschalten konnten. Jedoch hat die Reaktion in der katholischen Wählerschaft und in breitesten Schichten “ der bürgerlichen Öffentlichkeit den Exponenten der Faktionen in der DC gezeigt, daß sie die Dinge entschieden zu weit getrieben hatten. Die Anzeichen der schweren Vertrauenskrise waren nicht zu übersehen und auch nicht die akute Gefahr, daß mit dem Vertrauen die Wählerstimmen und mit ihnen die Machtpositionen im Staat und am Ende das Spiel um die Demokratie in Italien verlorengingen. Die Frage tauchte auf: Ist die Democrazia cristiana überhaupt noch eine Partei oder ist sie nicht vielmehr eine Konförderation von christlichdemokratischen Parteien, die programmatisch wenig gemein haben und mehr durch ihre Interessen als durch ideologische Bande verbunden sind?

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