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Eskapismus als neue Romantik

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Insgesamt 52 Nationen nahmen an der sechsten Pariser Biennale teil, die im Zeichen der Teamarbeit, der dirigierten Gemeinschaftsarbeit stand (und zwar vornehmlich aus finanziellen Gründen). Die eingeladenen Länder konnten aber ebensogut Einzelbeiträge eines Malers, Graphikers, Bildhauers und Musikers entsenden, was etwa Österreich getan hat. Österreich-Kommissär Otto Graf, vom Museum des 20. Jahrhunderts, wählte den Maler Peter Pongratz aus Eisenstadt, den Bildhauer Gerhardt Moswit- z e r aus Maria Lankowitz, den Graphiker Bruno Gironcoli aus Villach und den Komponisten Giselher Smek al aus Seefeld als Repräsentanten der jungen österreichischen Kunst.

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Insgesamt 52 Nationen nahmen an der sechsten Pariser Biennale teil, die im Zeichen der Teamarbeit, der dirigierten Gemeinschaftsarbeit stand (und zwar vornehmlich aus finanziellen Gründen). Die eingeladenen Länder konnten aber ebensogut Einzelbeiträge eines Malers, Graphikers, Bildhauers und Musikers entsenden, was etwa Österreich getan hat. Österreich-Kommissär Otto Graf, vom Museum des 20. Jahrhunderts, wählte den Maler Peter Pongratz aus Eisenstadt, den Bildhauer Gerhardt Moswit- z e r aus Maria Lankowitz, den Graphiker Bruno Gironcoli aus Villach und den Komponisten Giselher Smek al aus Seefeld als Repräsentanten der jungen österreichischen Kunst.

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Zum erstenmal hat das nationale Museum für moderne Kunst einen Teil seiner Räumlichkeiten der Biennale überlassen. Bindeglied zwischen ihm und dem städtischen Musėe d'Art Moderne, dem eigentlichen Biennale-Zentrum, ist eine mit monumentalen Skulpturen überladene Esplanade, deren unwirtliche Architektur den Plastiken allerdings keinen Dienst erweist. Allgemein bemerkenswert ist, daß nach den Theatern nun die Pariser Museen die seit langem geforderte und seit langem versprochene Dezentralisierung zu verwirklichen versuchen. Einige Galerien, Theatersäle und Kulturzentren in Pariser Vororten zeigen verschiedene Programme, die als Orientierungspunkte für die Gestaltung einer neuen Lebensform werben sollen. Daß gute Absichten nicht immer belohnt werden, erwies sich im Palais Galliera, wo ein „Atelier du spectateur“ eingerichtet worden war. Jeder Besucher sollte mit Hilfe von bereitstehenden Farbtöpfen, Pinseln und Papier seine künstlerische Begabung testen können und gleichzeitig mit jedem Pinselstrich zu einem unaufhörlich wechselnden Environnement beitragen. Streitbare Künstler verwüsteten den Raum, kaum daß er eröffnet war, und ant

worteten auf die prompt folgende Schließung mit dem Ruf: „Im Dienst der Revolution gegen die Biennale!“ Mit dem Verdacht, daß die Zukunft durchaus so aussehen könnte, wie sie junge Maler und Bildhauer, Musiker, Architekten, Ingenieure, Cineasten, Photographen und Choreographen, Psychologen und Soziologen auf dieser Ausstellung vorführen, verläßt der Besucher die Museen.

Nicht ohne Erleichterung stellt er fest, daß sich draußen die Gegenwart nicht verändert hat Ein Gedanke beruhigt ihn indes: Was wären die licht- und bewegungsbezogenen kybernetischen Objekte ohne seine Beihilfe? Drückte er nicht hier einen Knopf, lösten seine Bewegungen nicht dort eine Serie von Tönen und Lichtreflexen aus, blieb so manches Werk still und stumm. Objekte, die erst in der Bewegung einen Gedanken sinnvoll auszudrücken vermögen, kann ein launisches Publikum also jederzeit effektlos machen. Eindringlicher als jemals zuvor stellt sich ihm, der als simpler Betrachter kam und sich als Handlanger und schließlich als Hauptperson bewährte, die Frage, ob er es nicht letzten Endes sei, auf den es in der Kunst ankommt.

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