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Wie im medialen Dschungel (= Elternsicht) oder Garten Eden (= Kindersicht) den Weg finden?

Für die einen ist die Medienlandschaft ein Dschungel, für die anderen der Garten Eden. Die einen, die Eltern, beäugen die rasanten Entwicklungen auf dem Mediensektor mit scheelen Augen. Die anderen, die Kinder und Jugendlichen, tummeln sich mit größter Selbstverständlichkeit auf dem medialen Feld. Fernsehen, Computer, Video(spiele), Internet - kein Problem. Genutzt wird, was gerade gebraucht wird, zur Information, zur Entspannung, zur Unterhaltung. Die Bedenken der Eltern werden hintangestellt.

Die hatten sie nämlich immer schon, quer durch die Geschichte, seit Kindermedien im 18. Jahrhundert aufgetaucht sind. Vor dem Viellesen wurde gewarnt, vor dem Vielfernsehen sehr viel später, vor anhaltendem Computer-"Konsum" heute. Letzterer durchaus nicht ausschließlich so passiv, wie das Vokabel nahe legt. Natürlich wollen Kinder oftmals einfach "nur Spaß" beim Videoschauen, Computerspielen beim Buch- und Comiclesen haben, wie Margit Böck, Assistentin am Publizistikinstitut, aus ihrer Forschungsarbeit weiß.

Ältere unter den Kindern und Jugendliche setzen die vielfältigen Angebote aber durchaus auch für andere Bedürfnisse ein. "Multiple Choice - Kinder und ihre Medien" hieß das Symposion, das vom Bundeskanzleramt, dem Institut für Jugendliteratur und dem ORF veranstaltet wurde, um Veränderungen im Medienverhalten durch das Aufkommen neuer Technologien, den durch letztere initiierten Funktionsveränderungen "alter" Medien, den Prozess der gegenseitigen Beeinflussung der Medien, der Veränderung der Medienprofile, zu beleuchten. Natürlich auch, um Konsequenzen für den Konsumenten zu diskutieren. Dem wird in Zukunft mehr Kompetenz im Umgang mit dem Angebot abverlangt. "Medienkompetenz" war dann auch ein Stichwort, das sich durch fast alle Referate des Tages zog und sich dabei als schwer fassbarer Begriff herausstellte.

"Medienkompetenz beginnt nicht erst beim fachkundigen Medienkonsum, sondern bereits beim Wissen um das Angebot", versuchte Robert Buchschwenter, Abteilung für elektronische Medien der Bücherei Wien, einen Eckpfeiler einzuschlagen. Was es tatsächlich bedeuten kann, sich einen Überblick über die gebotene Vielfalt verschaffen zu wollen, ließ die Parforcejagd durch einen Bruchteil des Sortiments erahnen. Reichhaltiger und unübersichtlicher denn je, kommt es unterschiedlichsten Anforderungen nach, zielt auf, fordert und fördert unterschiedliche Fertigkeiten.

"Beim Lesen muss man die Phantasie anstrengen, bei der CD ROM muss man nachdenken und lernen", schätzen Kinder und Jugendliche die Unterschiede. Und "beim Computerspielen kann man in das Geschehen eingreifen, kann etwas tun, man ist aktiv, Bücher führen einen in ihre Richtung". Beides nebeneinander - die Ideallösung?

Sicher ist, dass sich Gedrucktes heute schwerer tut und mitunter nur dort punkten kann, wo Stoffe aus anderen Medien adaptiert werden. Sicher ist, dass Kinder- und Jugendliteratur ihre traditionellen Funktionen der Hilfestellung bei der Auseinandersetzung mit der Umwelt, bei der Erweiterung der Weltsicht, an neuere Medien verloren hat. An neue Informations- und Kommunikationstechnologien über deren Vermögen noch heftig diskutiert wird.

"Auf der einen Seite werden Drohpotentiale wie soziale Isolierung, Sprachlosigkeit und Mängel im Reflexionsvermögen namhaft gemacht, auf der anderen Seite wird das Expertenwissen der NetKids als Pioniere neuer Formen der Vergemeinschaftung gelobt", formuliert Fritz Betz, Kultur- und Mediensoziologe, die beiden Pole in der Diskussion um Computerspiele und Internet. Um freilich alle Potenziale der neuen Medien ausschöpfen zu können "bedarf es der dafür notwendigen Kompetenz", benutzt Horst Heidmann, Leiter des Instituts für angewandte Kindermedienforschung in Stuttgart, das immer wieder zitierte Schlagwort.

"Kulturpessimisten klagen seit Jahren darüber, dass die elektronischen Medien das Entstehen einer Zwei-Klassen-Gesellschaft' fördern. Und in der Tat werden die medialen Kompetenzen bereits im Elternhaus ungleich verteilt, wo sich heute nicht nur die sozialen, sondern auch die Medienwelten immer stärker unterscheiden. Die Kluft klafft heute schon bei der Einschulung". Seine Eckpfeiler: Förderung sozialer Kompetenz, Erhöhung von Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit, Beförderung kommunikativen Handels mit Medien, Entwicklung von Reflexionsfähigkeiten, Vermittlung von Fähigkeiten zu Analyse von Inhalten und Strukturen der Medien.

"Sinneschulung" und "Anleitungen zur ästhetischen Wahrnehmung" setzte dann Gudrun Stenzel, Diplompädagogin, zwei weitere Eckpfeiler hinzu, um gleichzeitig zu fordern, nicht in der additiven Aufzählung stecken zu bleiben, sondern die genannten Einzelelemente zu verknüpfen. All dies mit dem Ziel, "die Menschen in die Lage zu verantwortlicher Handlungsfähigkeit zu versetzen, ihnen die Chance zu tätiger Einflussnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen zu eröffnen, den Herausforderungen in der Zukunft adäquat zu begegnen."

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