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Bedrohliche Welt der Inka

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Daß siegreiche Barbaren sich nicht nur das Land der Unterworfenen einverleibten, sondern auch deren Kultur, wissen wir aus der Geschichte. So war es, als die Griechen Kreta eroberten, die Römer Griechenland, die germanischen Stämme das römische Imperium. Damit soll nicht auf die Conqu istadore s angespielt werden, die das Reich der Inka der spanischen Krone untertänig machten, denn sie nahmen ja dessen Kultur nicht an, sondern zerstörten sie gründlich. Vielmehr war es eben jenes Inka-reich, das ein straff organisierter Militärstaat war und kulturell vom Erbe der Vergangenheit lebte. Der Vergleich hinkt nur insofern, als die Inka kein Volk waren, sondern dessen Herrscher. In ähnlicher Weise spricht man ja auch vom Reich der Pharaonen.

„Inka - Peru” ist der Titel der „heimlichen Landesausstellung” Oberösterreichs, die im Linzer Schloßmuseum bis 8. Dezember zu sehen ist. Und nur dort, denn die nächste Station wird Berlin sein. „Indianische

Hochkulturen durch drei Jahrtausende” - der Untertitel der Ausstellung trifft den Nagel auf den Kopf. Von den rund 450 Exponaten - Leihgaben aus zwanzig Museen - stammt nur ein geringer Teil aus dem Jahrhundert der Inka. Und wer nicht nur die Keramiken und Steinplastiken, die Textil-, Holz- und Metallarbeiten, die zahlreichen Großfotos archäologischer Stätten und die prächtigen Dioramen betrachtet, sondern auch die Texte an den Wänden liest (oder gar die Aufsätze in dem zweibändigen Katalog studiert), der weiß, daß es drei „panperuanische Epochen” gab, die von „Zwischenzeiten” mit regionalen Staatengebilden und Kulturen unterbrochen waren, und Namen wie Cha-vin, Moche, Nasca, Huari und Chimu werden ihm bald geläufig sein.

Grausame Bräuche

Es ist nicht nur eine vergangene, sondern auch eine fremde Welt, die uns anblickt, unvertraut und bedrohlich, üppig wuchernd in Form und Ornamentik, in den wildleuchtenden Farben der keramischen Gefäße und Figuren, in den gezackten Konturen von Mischwesen, von Raubkatzen,

Kaimanen und unheimlichen Fischen.

Manche Stücke beginnen zu reden: Ein Musikinstrument zum Beispiel, das aus einem Schneckenhaus gemacht wurde, läßt sich durch seine Ritzzeichnung eindeutig der Chavin-Kultur zuordnen, die dem „Frühen Horizont” (1800-400 v. Chr.) angehört. Diese Schnecke kommt aber in den kalten Küstengewässern Perus nicht vor, und man nimmt deshalb ausgedehnte Handelsbeziehungen an.

Immer wieder stoßen wir auf Darstellungen von Gefangenen. Sie wurden entkleidet, an den Haaren gerissen und, einen Strick um den Hals, gefesselt. Wenn man sie gleich den Göttern opferte, wares vielleicht noch ein gnädiges Geschick. Nein, es war keine heile, helle Welt, kein Tropenparadies unschuldiger Blumenkinder, in das die Spanier mit ihren Blitzrohren einbrachen.

Oft wurde auch auf die grausamen Bräuche der Indios hingewiesen, wenn von Hinterlist, Raffgier und Brutalität der christlichen Eroberer die Rede war. Aber - noch ein Vierteljahrtausend nach der Entdeckung Amerikas verbrannten in Europa auf den Scheiterhaufen Menschen.

Eine fremde Welt: Köpfe mit leeren Augen, Götter mit Fangzähnen, Götter, die sich zu Gefangenen machen, indem sie sich selbst an den Haaren ziehen. Boote, Tiere, Puppen aus Wolle und Pflanzenfasern, Tücher und Taschen, Mützen, Perücken und Federhüte, Teppiche aus Federn. Holzfiguren, die im Wüstensand zweitausend Jahre überlebten. Eine Figur mit Totenkopf und riesigem Phallus, um ihn ein Reigen von Skeletten. Scheiben, Gefäße, Schmuckstücke aus Silber und Gold. Kleine Figuren aus dem „Späten Horizont”: Inkagold, das nicht in den königlichen Schmelzöfen Spaniens landete, sondern Jahrhunderte später in den Museen von Madrid.

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