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Chaos imWellenbereich

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Die elektronischen Medien sind weiter im Vormarsch, wobei Politiker und Anlageindustrie das Hauptgewicht auf die Verkabelung legen. Für diese handelt es sich um ein kommerzielles Problem, jene erhoffen sich von Kabelrundfunkanstalten schlicht und einfach vermehrte politische Einflußmöglichkeiten, wenn man dies auch ableugnet.

Dabei geht es nicht bloß darum, mehr Fernsehprogramme zu empfangen, sondern auch um neue Kanäle für den Hörfunk, der in letzter Zeit wieder beachtlich an Interesse gewonnen hat. Soziologen und Kommunikationswissenschafter sind sich bisher allerdings noch nicht klar darüber, ob ein derart stark vermehrtes Angebot zu besserer Information oder zur Desorientierung führt.

International gesehen beherrschen zwei Themen die Diskussion über die weitere Entwicklung von Rundfunk und Fernsehen. Auf der einen Seite ist eine internationale Regelung über Satellitenübertragungen dringend notwendig. Sie wird seit Jahren angestrebt, scheitert aber immer wieder an den kaum überbrückbaren Gegensätzen zwischen Ost und West: hier Funkfreiheit, dort Funkhoheit.

Auf der anderen Seite aber verlangt das Chaos in allen Wellenbereichen eine Bereinigung. Am 23. November 1978 ist zwar ein neuer Wellenplan in Kraft getreten; er hat das Chaos aber eher vergrößert, statt es zu entwirren.

Das Problem bei der Wellenverteilung liegt darin, daß einerseits nur eine beschränkte Anzahl von Frequenzen zur Verfügung steht (im Mittelwellenbereich von 531 bis 1602 Kilohertz 120, im Langwellenbereich von 155 bis 281 Kilohertz bloß 15 Wellen, anderseits aber die Wünsche nach Zuteilung von Frequenzen weiter ansteigen und überdies die Senderleistungen immer stärker werden.

Im Langwellenbereich mit seinen 15 Frequenzen arbeiten z. B. 23 Sender mit Megawattleistungen (1000 und mehr Kilowatt), sechs davon sogar mit jeweils 2000 Kilowatt. Super-sender sind im europäischen Äther zur Manie geworden.

Im Herbst dieses Jahres soll nun wieder einmal ein Versuch gemacht werden, das Chaos im Wellenbereich einigermaßen zu bereinigen, ein Versuch, der nicht nur für den Radiohörer interessant ist, sondern auch für die europäische Anlagen- (Satellitensender und Bodenterminals) und Geräteindustrie.

Zu diesem Zweck laufen gegenwärtig in allen Ländern die Vorbereitungen für die im September 1979 beginnende World Administration Radio Conference (WARC), bei der ein neuer Wellenplan für voraussichtlich 20 Jahre zwischen den 153 Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion (VIT) vereinbart werden soll, auf Hochtouren. Die österreichischen Interessen werden

dabei auch die Post- und Telegraphenverwaltung vertreten, deren Haltung nicht nur von den Interessen der verschiedenen österreichischen Bedarfsträger bestimmt wird, sondern auch von gewissen Absprachen in internationalen Gremien.

Dabei ergibt sich die Tatsache, daß die Positionen der innerösterreichischen Interessenten durchaus nicht einheitlich sind, so daß der Post- und Telegraphenverwaltung hier die schwierige Aufgabe der Koordinierung der verschiedenen Ansichten zukommt. Da sich bei den Verwaltungskonferenzen der UIT stets die auch bei den Vereinten Nationen bekannten Blockbildungen ergeben, laufen gegenwärtig Bestrebungen, im Rahmen der Konferenz der europäischen Post- und Telegraphenverwaltung (CEPT) eine Vereinheitlichung der Standpunkte der Mitgliedsländer der CEPT bezüglich der nationalen Anforderungen an die WARC 79 zu erzielen.

Es ist zu erwarten, daß bei der Konferenz im September dieses Jahres

die Entwicklungsländer sich wieder dem Standpunkt des Ostblocks hinsichtlich des Begriffes „Rundfunk-„hoheit“ anschließen werden. Ein Standpunkt, der für den Westen unannehmbar ist. Unter diesen Umständen sind die Aussichten für die WARC 79, das Wellenchaos im Weltall zu beseitigen, eigentlich recht gering.

Im Mittelwellenbereich, der in Europa an Bedeutung verliert, bestünde vielleicht die Möglichkeit, daß die westeuropäischen Länder im Kompromißweg Positionen aufgeben und noch mehr als bisher auf den relativ problemlosen UKW-Funk ausweichen. Von Seiten des Ostblocks ist dagegen eine derartige Kompromißbereitschaft kaum zu erwarten, so daß sich per Saldo nur eine weitere Verschlechterung des Klimas und eine fortschreitende Entwertung der Mittelwellen ergeben würde.

Im Kurzwellenbereich liegen die Dinge noch schlechter, da eine Nord-Süd-Konfrontation dazukommt, die politisch bedingt ist: In

den Ländern der Dritten Welt arbeitet man mit großflächigen Versorgungsgebieten, die ohne Mittelwellen-, Kurzwellen- oder Satellitensender nicht abgedeckt werden können. Der Satellitenfunk steht zwar nicht auf der Tagesordnung der WARC 79, die „Satelliten-Habenichtse“ werden die Gelegenheit aber sicher benutzen, um hier ihre Ansprüche anzumelden.

Ein neues Problem, vor allem in den Industrieländern aufgetaucht, bedeutet der CB-Sprechfunk im Elf-Meter-Band, der jetzt auch in Österreich beträchtliche Ausmaße angenommen hat. Hier wird man die amerikanische Ansicht studieren müssen, wonach das 27 Megahertz-Band für den lokalen CB-Funk wegen seiner Uberreichweiten und vielfältigen Störungen anderer Dienste nicht geeignet sei.

Für die Geräteindustrie wird die WARC 79 keine tiefgreifenden Folgen haben. Verschiebungen im Wellenbereich könnten allenfalls für die japanischen Geräteexporteure interessant werden. Für die Anlagenindustrie, die hier insbesondere in Südamerika ein wichtiges Exportgebiet sieht, könnte die WARC 79 aber insp-ferne von Bedeutung sein, als man dort im Wege der bekannten internationalen „Tauschgeschäfte“ sich doch auch mit einer Regelung des an sich nicht direkt zur Debatte stehenden Satellitenfunks befassen würde.

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